1. Lia in der Stadt


    Datum: 13.08.2019, Kategorien: CMNF Autor: NicoS

    ... vor Lachen.
    
    Es zeigte sich, dass Lia den Rückweg zum Parkplatz unterschätzt hatte. Vorhin war die Fußgängerzone noch relativ leer gewesen. Nun aber war von einem zügigen Vorankommen keine Rede mehr. Gewiss ... wer sie sah, machte ihr Platz, diesen kleinen Vorteil hatte ihr Evaskostüm. Doch viele Leute, die einfach in die gleiche Richtung gingen wie sie ... langsam und in größeren Gruppen ... hatten keinen Anlass, sich umzuwenden. Hier hatte Lia nur die Wahl, sich entweder in Geduld zu üben und ihren Auftritt damit noch weiter auszudehnen oder sich, nackt wie sie war, zwischen die Leute zu drängen.
    
    So tappte sie gerade unschlüssig hinter einer jener Gruppen her, als sie eine Frauenstimme dicht an ihrem Ohr hörte.
    
    "Oh Gott, was ist denn mit Ihnen passiert? Kann ich Ihnen helfen?"
    
    Lia drehte sich zu der Sprecherin um. Die Frau war noch recht jung ... Anfang bis Mitte Dreißig vielleicht ... sah jedoch in ihren formlosen Kleidungsstücken, ungeschminkt und mit dem langen, streng zusammen gebundenen Haar ein gutes Stück älter aus. Sandalen, ein Wollbeutel und ein kleiner, hölzerner Kreuz-Anhänger am Hals vervollständigten das Bild ... eines von Lias liebsten Feindbildern.
    
    "Wieso? Wollen Sie im Boden versinken?"
    
    "Was ... wie ... bitte, ich verstehe nicht ganz ..."
    
    "Dann schau'n Sie mal in einen Spiegel. Vielleicht kapieren Sie's ja dann!"
    
    "Das ist doch ... Sie ... Sie ... schamlose Person!" ereiferte sich die Wohltäterin nun. "Ich wollte Ihnen helfen um ...
    ... der Liebe Jesu Christ willen, und Sie ... Sie ..."
    
    "Na, das wundert mich jetzt nicht. Der Typ ist vermutlich auch der einzige, der eine wie Sie nehmen würde!" ... und ließ die sprachlose Frau einfach stehen.
    
    Je länger Lia diese Straße entlang ging ... sie hatte die Seitenstraße, die zum Parkplatz führte, inzwischen fast erreicht ... umso weniger machte es ihr aus. Die Leute guckten nach wie vor und schoßen ihre Fotos, doch sonst geschah nichts. Manchmal gröhlte jemand. Ein, zwei Mal hatte sie sogar regelrechten Applaus bekommen. Lia war sich durchaus bewusst, dass dieser Ausraster nicht zu ihren besseren Auftritten zählte. Doch nun hatte ihr unbedachtes Handeln sie unversehens in den Mittelpunkt eines durchaus anerkennenden Interesses gerückt. Das war ein Zustand, den Lia sehr mochte.
    
    Tatsächlich kam ihr kurz der Gedanke, dass sie sich fast an solche Auftritte gewöhnen könnte. Und solange die Leute nur guckten ...
    
    * * *
    
    In diesem Moment stellte sich Lia ein unerwartetes Hindernis in den Weg. Bullen! Und sie kamen direkt auf sie zu. Lia, in deren Gedächtnis wage etwas von "Erregung öffentlichen Ärgernisses" herumgeisterte, erschrak nun doch. Mit der Polizei wollte sie nichts zu tun haben. Sie kannte ihre Grenzen. Es blieb ihr also kein anderer Ausweg ... sie musste zurück, und von der anderen Querstraße aus hintenherum zu dem Parkplatz gehen. Und sie musste sich nun wirklich beeilen, bevor die Beamten sie bemerkten. Es waren ein Mann und eine Frau, also doppelt ...
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