1. Die Insel, oder: Wogende Gefühle


    Datum: 29.07.2018, Kategorien: Schamsituation Autor: Anonym

    Die Nacht rückte heran. Dunkelheit breitete sich wie ein Tuch über die kleine Mittelmeerinsel aus. Vom Meer her kam ein leichter Wind, der die zahlreichen Zypressen, nahe der Hotellobby, leise zum Rauschen brachte. Vom kleinen Hafen ertönte leise Musik, die Luft trug zahlreiche Stimmen den Berg hinauf. Draußen am Balkon stand Lydia und blickte zu den zahlreichen Lichtern hinab. Was würde sie dafür geben jetzt dort unten zu sein. Sie seufzte. Dieser Urlaub, dieser Rausausdemgewöhnlichen-Trip nach dem Abi hatte sie nun, gegen Ende, auf diese Insel getrieben. Castello di Mare, ein gewöhnlicher Name für einen außergewöhnlichen Platz. Am Tag der Überfahrt, als die Fähre in den grauen Nebel hinausstach, waren sie wütend gewesen. In Umbrien, am Lago di Transimeno hatte man ihnen die Sachen gestohlen. Zwei Portmonnaies mit über 500 Euro. Ein Glück, dass sie die Persos, noch von einem Festivalbesuch am vergangenem Abend, in einer andeen Tasche stecken hatten, sonst wäre die Reise wohl in einer deutschen Vertretung geendet; so waren nur die Unanehmlichkeiten einer Diebstahlsmeldung in einer muffigen Polizeiwache irgendwo in den Bergen geblieben. Das Geld würden sie nie wieder sehen! Aber wer waren sie, dass sie sich zu diesem Zeitpunkt, am Ende von 12 leidigen Jahren Schule, die Stimmung von so einem ärgerlichen, aber nicht nicht wirklich katharsischen Maleur vermiesen lassen würden.
    
    Die Tür knallte ins Schloss. Hinter ihr stand Leon. Nur mit einem Handtuch um den Hüften. Zwar kein ...
    ... Muskelpaket höchster Couleur, aber er war groß und sehnig und dazu mit einem wallenden schwarzbraunen Lockenkopf ausgestattet, so dass sie jetzt mit einer gewissen Freude, ob dem was sie da sah, in seine dunklen Kulleraugen blickte. Seine dunkle Haut glänzte noch feucht. Entschuldigend zeigte er auf das Deodorant, das dort auf einem Schrank in der Ecke des Hotelzimmers stand und huschte hinaus, nachdem er selbiges gegriffen hatte. Komisch! Was zur Hölle hatte sein Deo in ihrem Zimmer zu suchen? Aber als die Tür hinter ihm zufiel war Lydia schon wieder bei anderen Gedanken. Sie fasste einen Beschluss. Sollten die anderen doch schlafen, nachdem sie seekrank an diesem Abend angekommen waren. Ihr selbst ging es jetzt, am mehr oder weniger frühen Abend, schon deutlich besser. Und Leon schien ja auch wieder gesundet, wie seinem Besuch im Zimmer bewies. Was sprach da gegen eines Ausflug an den Strand. Sie ging in Richtung des kleinen Badezimmers. Weiß mit schwarzen Streifen, eine schreckliche Kombination in ihren Augen. Wie ein Mausoleum. Sich das Top über den Kopf streifend, blickte sie in den Spiegel. Das ungesunde blasse Gelb war verschwunden, zartrosa schien ihr Teint nun wieder zu sein. Sie zog sich jetzt komplett aus. Wenn sie wirklich noch einen Ausfall aus diesem Krankenlager machen wollte, musste sie sich das Salz aus den Haaren und den Schweiß von der Haut waschen. Keine Kosmetik, aber ein wenig ordentlich frisiert und mit sauberer, nicht nassgeschwitzter Kleidung musste ...
«1234»