Kairi
Datum: 04.01.2022,
Kategorien:
Transen
Autor: bylucascanine
... wie leid es ihm tat.
Er sah sie aber nicht. Also war sie entweder schon da oder hatte erst später Unterricht. Als er sie auch in der Pause nicht fand, ging er zu Mitschülern, von denen er wusste, dass sie die gleichen Kurse wie Kairi belegt hatten, und fragte, wo sie sei. Die ersten zwei hatten jedoch keine Ahnung, einer wusste nicht einmal, wer Kairi war. Erst bei Melanie Koch hatte er Glück. Leider genau die Melanie Koch, mit der er vor Jahren mal zwei Wochen zusammen gewesen war. „Kairi? Ist das diese kleine Asiatin, die mit keinem redet? Die ist krank."
„Und weißt du was sie hat? Und wie lange sie krank ist?"
„Nee, keine Ahnung. Interessiert mich auch nicht. Der Lehrer hat heute Morgen nur gesagt, dass sie nicht kommt. Aber sag jetzt nicht, dass du dich für diese Zicke interessierst?"
Sie schaute ihn herablassend an: „Mit dir geht es ja nur noch bergab, Tom Becker."
Tom überhörte diese Spitze, denn Melanie war ihm inzwischen vollkommen egal. Aber dass Kairi sich krank gemeldet hatte nicht. Das passte so gar nicht zu ihr. Vor allem vor so wichtigen Schulaufgaben. Und das wahrscheinlich nur wegen seiner Blödheit.
Er überlegte, was er machen sollte. Sehen musste er sie, das war klar. Wenn er nicht mit ihr redete und sich entschuldigte, würde sie ihn auf jeden Fall weiter für ein Arschloch halten. Und es musste möglichst bald geschehen. Was, wenn sie morgen auch noch krank war? Donnerstag war Feiertag. Am Freitag schrieben sie die Schulaufgabe und dann ...
... war schon wieder Wochenende. Also nicht viele Möglichkeiten, miteinander zu reden.
Da fiel ihm ein, dass sie ja eigentlich verabredet waren zum Üben heute Nachmittag. Um drei. Und er musste ja nicht wissen, dass sie krank war. So hätte er wenigstens einen Grund, zu ihr zu fahren. Und auch wenn sie ihn wahrscheinlich nicht einließ, konnte er wenigstens versuchen, an der Tür mit ihr zu sprechen.
So würde er es machen. Mehr als die Tür vor der Nase zuschlagen konnte sie ihm ja nicht. Zumindest wüsste sie dann aber, dass es ihm furchtbar leidtat.
Entschuldigung
Pünktlich um drei stand er dann mit zitternden Knien vor Kairis Tür und überlegte, ob er sich wirklich trauen sollte, die Klingel zu drücken. Was sollte er sagen? Wie würde sie reagieren?
Dann überwand er sich und drückte den Knopf. Doch nichts passierte. Hatte sie ihn gesehen und wollte nicht öffnen? Oder ging es ihr dafür zu schlecht? Tom wartete einen Moment, dann drückte er nochmal. Wieder vergingen etwa 30 Sekunden, dann öffnete Kairi und schaute ihn überrascht, aber auch sehr traurig an. So hatte er sie noch nie gesehen. Sie trug eine schlabbrige, graue Jogginghose aus Baumwolle und darüber ein weites T-Shirt in der gleichen Farbe. Ihre Haare waren verwuschelt, als habe sie bis eben im Bett gelegen, und ihre Augen ganz rot, als hätte sie geweint.
„Du?" Ihre Stimme war leise und klang etwas gebrochen, aber nicht feindselig. Eher unendlich traurig.
„Ja, äh. Ich möchte mich entschuldigen, weil ich ...