1. Der Bruder meiner Frau 01


    Datum: 17.03.2018, Kategorien: Schwule Autor: bybananaalice

    Heute würde es so weit sein. Der große Tag war gekommen. Okay, das klingt euphorischer, als es ist. In Wirklichkeit werde ich heute nur eine Stunde mit dem Bruder meiner Frau alleine sein. Tobias. Ich mag Tobias nicht und seit feststand, dass er heute zu Besuch kommen und übers Wochenende bleiben würde und ich eine Stunde mit ihm alleine verbringen muss, habe ich Bauchschmerzen vor diesem Tag.
    
    Was sollte ich mit dem schon reden? Tobias ist, denke ich, ungefähr Ende Zwanzig / Anfang Dreißig, aber er scheint sein Leben wenig im Griff zu haben. Er meldet sich nur bei meiner Frau, wenn er Geld braucht oder Probleme mit seinen Ex-Freunden hat. Ja, richtig... Freunden. Tobias ist schwul.
    
    Nicht dass ich was gegen Schwule hätte, bei Gott, nein. Natürlich nicht. Mein Arbeitskollege ist schwul und den mag ich. Nein, daran liegts nicht. Tobias ist einfach nicht mein Fall.
    
    Es klopft an der Tür und ich weiß schon, dass Tobias davorsteht. Sein Klopfen reißt mich aus meinen negativen Gedanken über ihn heraus (was ihn noch unsympathischer macht). Ich stoße einen Seufzer aus und stapfe zur Eingangstür.
    
    „Hey Lieblingsschwager", sagt er und umarmt mich. Küsschen links, Küsschen rechts. Mann, ich hasse ihn wirklich. Ich sage nichts, nur „komm doch rein" und mein auch das gar nicht ernst. Tobias hat sich seine Haare wachsen lassen, hat nun fast schulterlanges Haar und auch etwas Bart.
    
    Er hängt seinen Mantel am Kleiderständer auf, zieht seine roten Converse aus. „Was gibt's Neues ...
    ... bei euch?", fragt er. Ich schau auf die Uhr... Noch 59 Minuten und 43 Sekunden. Jippie.
    
    Ich gehe vor in die Küche, Tobias folgt mir. „Auch ein Bier?", frage ich, während ich mir ein Bier aus dem Eiskasten hole. „Ja bitte", sagt er. Sehr komisch, Tobias war, soweit ich weiß, nie ein Biertrinker. Ich kann mich erinnern, dass er früher immer nur „Cosmopolitan" oder „Pina Colada" Cocktails trank.
    
    Ich gebe ihm auch eine Flasche und wir gehen durch die Küche ins Wohnzimmer, setzen uns auf die Couch. Wäre es unfreundlich, den Fernseher einzuschalten? Wahrscheinlich ja. Ich tu es nicht. Noch nicht.
    
    „Gibt nicht viel Neues, alles beim Alten. Was gibt's bei dir?"
    
    Tobias wirkt irgendwie, als würde ihn etwas beschäftigen und ich schicke ein Stoßgebet zum Himmel, dass meine Frau früher von der Arbeit nach Hause kommt. „Ach, Probleme im Liebesleben.", seufzt er, „ich weiß momentan nicht weiter."
    
    Er tut mir irgendwie ja schon Leid. Ich stoße meine Bierflasche gegen seine und sage „Ist mit Kerlen nicht einfacher als mit Weibern, was?".
    
    Tobias beginnt zögerlich zu erzählen. „Ich hatte mich neulich mit jemanden getroffen, der sich nun aber nicht mehr bei mir meldet. Er schreibt nicht zurück, er geht nicht ans Telefon, ich weiß nicht, was ich noch tun soll." Am liebsten hätte ich „vergiss es" gesagt, aber da ich davon ausgehe, dass das unsensibel wäre, grummle ich nur verständnisvoll vor mich hin.
    
    Mein Handy vibriert, meine Frau ruft an. Endlich. Wahrscheinlich braucht sie ...
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