Einmal Braut Spezial, bitte
Datum: 11.04.2022,
Kategorien:
Romantisch
Autor: Dingo666
... in der Farbe von Obsidian, die durch sie hindurchsahen, als wäre sie aus Glas...
Ein oder zwei Ewigkeiten vergingen so.
"Weißt du es jetzt?" Zoes Lippen an ihrem Ohr, ihre erregende Zungenspitze darin. "Spürst du es? Spürst du dich?"
"Ja..."
Die Kerzen waren heruntergebrannt. Nur zwei oder drei flackerten noch. Marielle seufzte glücklich und schmiegte sich enger an den warmen Leib neben ihr. Getrockneter Schweiß juckte auf ihrer Haut.
"Brauchst du das Brautkleid?"
"Nein."
Das war keine Frage mehr, keine Abwägung, sondern eine unumstößliche Gewissheit. Das Nein kam von ganz unten, direkt aus ihrem innersten Kern.
Zoe brummte zustimmend und leckte sie weiter am Ohr.
"Was wirst du tun?"
"Ich weiß es nicht." Mariella gähnte unwillig. Zoes Worte hatten sie an die Geburtstagsgesellschaft erinnert, von der sie nur noch wenige Stunden trennten. Das störte ihre enthobene Stimmung.
Da formte sich ein Bild vor ihrem inneren Auge, ganz von selbst. Sie kicherte und fragte: "Zoe? Habt ihr einen Fotoapparat im Haus, oder ein Handy mit einer guten Kamera? Ich glaube, ich muss euch morgen früh um einen letzten Gefallen bitten..."
***
"Ach, Frau von Eberstein! Wie nett, dass sie kommen konnten!"
Gudrun Blank drückte der ältlichen Dame die Hand und strahlte sie und ihren senil dreinschauenden Gatten gütig an. Es war kurz vor zwölf Uhr. Fast alle Gäste waren bereits eingetroffen und standen plaudernd herum, eine Sektflöte oder Häppchen in den Fingern. ...
... Gudrun lächelte grüßend in die Runde und verbarg den heißen Ball aus Wut, Groll und Sorge in ihrem voluminösen Bauch.
"Stefanie und Jonas wissen auch nicht, wo Marielle steckt."
Robert, der in sechs Wochen ihr Schwiegersohn sein würde, war leise hinter sie getreten und packte sein Mobiltelefon weg. Er überspielte seine Frustration und seine Befürchtungen weniger routiniert.
Marielle war nicht nach Hause gekommen. Die ganze Nacht nicht! So etwas war noch nie vorgekommen! Ja, sie wussten nicht einmal genau, wohin sie gestern Abend so spät gefahren war. Sie hatte das Handy abgeschaltet und bislang nicht auf das gute duzend Ansagen reagiert, die er ihr auf der Mailbox hinterlassen hatte. Weder auf die besorgten, noch auf die ärgerlichen, noch auf die vorwurfsvollen.
"Was sollen wir tun?", fragte er matt.
"Wir sagen, sie sei unpässlich. Es ginge ihr heute nicht gut." Gudrun lächelte eisern.
"Aber das hört sich ja so an, als ob sie schwanger sei."
"Richtig. Da haben alle was zum Reden." Sie streifte ihn mit einem skeptischen Seitenblick. "Es wäre auch nicht schlecht, wenn die Enkel nicht nur ein Gerücht blieben, sondern ihr wirklich bald welche produziert."
Das brachte ihm zum Schweigen.
"Sind Sie Robert Himmelstein?"
Vor ihnen stand plötzlich ein Junge, vielleicht zwölf oder dreizehn Jahre alt. Zerrissene Jeans, tief zwischen den Knien hängend, ein schreiend buntes T-Shirt, Baseballkappe. Unter all den gedeckten Anzügen und Kostümen sah er aus wie eine ...