1. Aurelies fabelhafte Welt


    Datum: 02.12.2022, Kategorien: Transen Autor: by_Faith_

    ... gibt nichts, was man nicht bei einem Gläschen Vino besprechen kann.«
    
    »Muss ich noch zahlen?«
    
    »No, alles erledigt«, sagte der Italiener und deutete auf Leon.
    
    Aurelie nahm an dem Tisch Platz, schlug die Beine übereinander und beobachtete Leon lächelnd, als er seine Hose hochzog und von der Bank herunterstieg. Er steckte sein Hemd nicht in die Hose zurück und kam zu Aurelie gelaufen.
    
    »Lässiger Style«, kommentierte Aurelie sein zerknittertes Hemd und lachte. Sie sah keinen Grund, ihre Freude über diese Wendung des Abends zu verbergen -- mit zickigem Verhalten, hatte sie noch nie Gutes erreicht.
    
    Als er sich setzte, fragte sie: »Hast du den Restaurantbesitzer bestochen?«
    
    »Ah, das ist so ein Ding unter Männern -- man hilft sich, damit jeder sein Ziel erreicht«, lächelte Leon und zwinkerte ihr zu.
    
    »Wer sagt, dass du dein Ziel erreicht hast?«
    
    »Wir sitzen an einem Tisch und reden«, sagte Leon und legte seine Hände auf den Tisch, zum Zeichen der Offenheit: »Ich habe dir keinen Heiratsantrag gemacht und du musst nichts unterschreiben, aber wenn du nicht wenigstens ein bisschen Interesse an mir hättest, würdest du nicht mehr hier sitzen.«
    
    »Weißt du, warum ich vorhin nach den Schafhörnern gefragt habe?«
    
    »Nein«, sagte Leon und Aurelie erzählte ihm von den Metaphern aus Kindertagen, in denen sie den Kindern aus der Klasse eine Tierart zugewiesen hatte, die zu ihrem Wesen passte. Es war die Art des kleinen Manuels, mit dem Terror klarzukommen. Als er wusste, ...
    ... dass Timo zum Beispiel eine Hyäne war, die erst mitmachte, wenn keine Gegenwehr mehr zu befürchten war, kam es Manuel nicht mehr so hinterhältig vor -- Hyänen sind halt so.
    
    Aurelie beschrieb ihre Fabelwelt ausführlich und nahm in Kauf, dass sie Leon langweilte. Wenn er kein Interesse für ihr Innenleben zeigte, disqualifizierte er sich selbst. Leon hörte aufmerksam zu.
    
    »... Und du bist der Leitwolf, auf dich haben alle gehört«, sagte Aurelie am Ende der Erzählung, »Ich habe dich nie gehasst. Ich habe dich beneidet und ich hatte scheiß Angst vor dir. Du kannst nicht einfach kommen und sagen, dass du in mich verliebt bist, in der Erwartung, dass ich dir dankbar um den Hals falle.«
    
    Leon schaute sie nachdenklich an.
    
    »Ich weiß nicht viel über Wölfe, aber die sehen doch wie Schäferhunde aus?«
    
    »Was?«, fragte Aurelie erschrocken.
    
    »Schäferhunde: Sie können gefährlich sein, sind aber gelehrig und beschützen Schafe.«
    
    Aurelie schaute mit großen Augen durch ihn hindurch und versuchte das Gehörte in ihre Fabelwelt zu übersetzen.
    
    Ihr Blick klärte sich, als er seine Hände über ihre Hände legte und sagte: »Früher hast den Mund nicht aufbekommen und letztes Wochenende hast du mich den Müll wegbringen lassen und Getränke holen geschickt. Heute hast du mich mit Absicht warten lassen. Ich mag es, wenn du ein bisschen frech zu mir bist, ich habe ein dickes Fell und brave Mädchen finde ich langweilig.«
    
    Ein spitzbübisches Grinsen huschte über Aurelies Gesicht und ihre Augen ...
«12...8910...14»