Der lila Duft des Lavendel
Datum: 27.02.2023,
Kategorien:
Romantisch
Autor: Freudenspender
... Vera.
"Aber ich würde gerne noch ein wenig bleiben. Bist du uns doch böse?", erkundigt sie sich unsicher.
"Aber nein, wir fahren alle drei nach Hause. Der Arzt macht gerade die Papiere fertig und der Rettungswagen wird auch gleich da sein", lächle ich sie an. Ich hoffe wirklich, ihr und meinem Onkel damit eine Freude zu bereiten.
"Wie? Auch Papa kommt mit?", ist Vera ganz verdattert.
"Ja, das habe ich doch gesagt", grinse ich von einem Ohr zum anderen.
"Die Ärzte haben doch immer davon abgeraten", ist sie immer noch verwundert.
"Nun ja, du weißt doch, Ärzte unter sich", verrate ich noch nicht alles.
"Wie soll ich denn alleine meinen Vater pflegen?", wirft sie ein. Sie ist traurig, denn ihr wird bewusst, dass sie es nicht schaffen kann.
"Wer sagt denn, dass du ihn alleine pflegen musst. Ohne ärztliche Aufsicht geht da gar nichts."
"Welcher Arzt?", versteht sie zunächst nicht, was ich andeute. Erst mit der Zeit checkt sie langsam. "Du etwa? Wie lange bleibst du?"
"Nun ja, ich werde wohl gezwungen sein, so lange zu bleiben, wie nötig. Hoffentlich noch sehr lange", schmunzle ich.
Vera schaut mich ganz ungläubig an, kommt dann aber rasch auf mich zu und fällt mir um den Hals. Sie bricht in Tränen aus. Es bedeutet ihr ganz offensichtlich sehr viel, dass ihr Vater die letzten Tage zu Hause verbringen kann.
"Danke, das werde ich dir nie vergessen", flüstert sie mir ins Ohr.
Dann löst sie sich aus der Umarmung, wischt die Tränen ab und schaut ...
... mir mit ihren bernsteinfarbenen Augen direkt in meine. Ihr Blick ist unglaublich intensiv. Ich habe das Gefühl, als würde er mich durchbohren, als würde sie mir geradewegs in meine Seele schauen.
"Du bist ein guter Mensch. Du tust das, obwohl du gerade erfahren hast, dass mein Vater deine Familie um die Hälfte des Weingutes betrogen hat", staunt sie.
"Lassen wir doch die alten Zeiten ruhen. Sie haben schon zu viel Streit und Zwietracht gebracht. Wir sind eine neue Generation und sollten nach vorne blicken."
"Das zeugt von Größe", antwortet Vera. Sie umarmt mich noch einmal.
Diesmal legt sie ihren Kopf in meine Halsbeuge. Es ist eine sehr vertraute Geste. Ich kann deutlich ihren Atem an meinem Hals spüren, ihre Wärme. Ich kann den Duft ihrer Haut einatmen.
"Danke", haucht sie.
Sie löst sich von mir, als der Arzt und die Besatzung des Krankenwagens ins Zimmer kommen.
"Na, Herr Führmann, haben Sie extra Ihren Neffen gerufen, damit Sie uns entkommen", meint die Schwester lachend. Auch sie war ins Zimmer gekommen.
"Nein, Schwester Theresia, ich wusste nicht einmal, was er vorhat. Aber ich freue mich wirklich riesig, dass ich noch einmal das Chateau sehen und dort die kurze Zeit verbringen kann, die mir noch bleibt. Das hat nichts damit zu tun, dass ich mit Ihrer Pflege nicht zufrieden gewesen wäre", gesteht ihr mein Onkel.
Das Strahlen in seinen Augen spricht Bände. Er freut sich sichtlich und das freut wiederum mich. Warum soll ich alten Geschichten ...