Wenn die Nachtigall erwacht 01
Datum: 26.03.2018,
Kategorien:
Sci-Fi & Phantasie
Autor: by_Faith_
... Menschen, die in Kontakt mit den Datenkapseln der Roten Königin gekommen waren, vor den fremden Genen retten. Sie war in der Lage, die genetische Veränderung innerhalb der ersten Stunden rückgängig zu machen. Selbst die Soldaten, mit denen sie kämpfte, sahen ein, dass dies besser war, als alle Betroffenen abzuschießen.
‚Bin ich eine Verräterin?', fragte sich Miriam und rollte mit den Augen, als sie erkannte, dass sie schon wieder in die gedankliche Sackgasse getappt war, in der sie immer stecken blieb. Irgendetwas musste bei Miriam schief gelaufen sein. Sie war sich ihrer menschlichen Seite noch bewusst. Genau genommen war Miriam ein Prototyp: ein misslungenes Experiment der Roten Königin. Misslungen in dem Sinn, dass Miriam ihre Schöpferin tötete. Aber im Gegensatz zur Roten Königin hatte sie Skrupel, die Menschen scharenweise zu unterwerfen, um sie ihrer Art anzugleichen. Miriam stand zwischen zwei Fronten: Sie wollte weder den Menschen noch ihrer Art schaden. Sie war eine Minderheit in der Minderheit, und vielleicht war sie deswegen die einzige nicht menschliche Überlebende eines Kriegs, von dem kaum jemand auf diesem Planeten etwas mitbekommen hatte.
Miriam ging zum Fenster und schaute auf die trostlose Industriebrache, die ihre Behausung umgab. Die tief stehende Abendsonne schien durch die kleinen Schlitze in den Jalousien und zeichnete ein Muster aus Licht und Schatten auf ihren Körper. Einzig der weiße Spitzentanga hob sich leuchtend von ihrem schwarzen Körper ...
... ab. Sie bewegte sich mit ihrem Vorhaben in einer Grauzone. Würden ihr die Menschen einen Strick daraus drehen, wenn sie auf eigene Faust handelte?
Miriam erinnerte sich an den Wortlaut der Mail: „Noch einmal stürmt, noch einmal, liebe Freunde!"
»Na gut!«, sagte sie entschlussfest und begann ihre Ausrüstung zusammenzusuchen. Wenn irgendjemand auf dieser Welt ein Anrecht auf diese Eier hatte, dann wohl sie. Und bevor die Menschen in ihrer unendlichen Neugier Dummheiten machten, war es sogar ihre Pflicht, sie vor Unheil zu bewahren. So eine Datenkapsel war durchaus in der Lage, ihre Gene in einen oder mehrere Menschen zu übertragen. Und sie hatte keine Lust, schon wieder frisch mutierte Drohnen einzufangen.
***
Einige Stunden später saß Miriam in den unteren Streben eines Flutlichtmastes auf dem ehemaligen Militärflugplatz. Das waren die Koordinaten, die ihr in der E-Mail genannt wurden. Sie beobachtete einen Geländewagen, in dem drei Männer saßen und warteten. Die drei Kerle sahen aus wie Türsteher einer Dorfdisco. Da sie in dem Fahrzeug warteten, anstatt die Umgebung abzusichern, war sich Miriam sicher, dass diese Typen mehr in den Oberarmen als in ihren Köpfen hatten. Mit Profis hatte sie es offensichtlich nicht zu tun, aber wer schickte drei Hohlköpfe nachts auf einen verlassenen Flugplatz?
Miriams schwarze Haut glänzte sonst makellos, heute hatte sie den edlen Glanz gegen ein Licht schluckendes mattschwarz getauscht. Sie war dadurch ausreichend getarnt, um sich ...