1. Kopfkino


    Datum: 03.12.2018, Kategorien: CMNF Autor: toy4her

    „Willst du mal was versautes hören?“, fragt er kichernd in den Telefonhörer. Sie lacht fröhlich zurück.
    
    „Klar, wieso nicht?“
    
    „Na ja, dieses mal ist es wirklich versaut“, verkündet er geheimnisvoll.
    
    „Raus damit!“ Er hat es geschafft: Jetzt ist sie sehr gespannt.
    
    Er beginnt zu erzählen. Irgendwie ist es sonderbar, optisch ist er nicht ihr Typ, wenn sie so darüber nachdenkt. Er ist schon so lange ein guter Freund. Sie sehen sich nicht oft. Sie telefonieren viel und reden über dies und das. Aber seine Stimme... Er hat diese Telefonstimme. Man glaubt, man könne ihm alles erzählen und kann ihm stundenlang zuhören. Jetzt hört sie diese aberwitzigen Worte aus seinem Mund über eine verworrene und aufreizende Geschichte eines Freundes von ihm. Er erzählt es nur, es sind ausschließlich Worte, aber sie stellt es sich vor. Sie hört ihm neugierig weiter zu.
    
    „Hast du das gerade wirklich gesagt?“, feixt sie nun.
    
    „Mh, es kommt noch besser“, hört sie ihn buchstäblich durchs Telefon grinsen.
    
    „Bist du allein?“, vergewissert er sich.
    
    „Ja den ganzen Abend noch. Weißt du doch.“
    
    „Hast du ja gesagt, stimmt. Ich auch.“
    
    „Ich hab es mir mit dem Telefon auf dem Sofa gemütlich gemacht. Erzählst du jetzt endlich weiter?!“ Sie ist gespannt, wie diese unglaubhafte aber betörende Geschichte wohl weiter geht.
    
    Sie hört wieder seine Stimme. Er flüstert die Sätze jetzt nahezu. Hat sie sich gerade verhört? Ein bisschen wird sie rot. Gut, dass er sie nicht sehen kann, wo sie sich ...
    ... doch sonst immer so abgebrüht gibt.
    
    „Hallo?“ Er klingt zaghaft, so als habe er das Gefühl, doch ein bisschen zu weit gegangen zu sein.
    
    „Ich bin noch da.“ Ohne es zu wollen, ist es fast nur ein Hauchen, was sie heraus bringt.
    
    „War es zu derbe?“ Er hat wieder seine typische Telefonstimme. Die, mit der er fremde Frauen bei Werbeanrufen dazu bringt ihm seine private Handynummer zu geben.
    
    „Nein“, flüstert sie.
    
    „Aber du klingst so verändert“, stellt er fest. Sie fühlt sich ertappt und räuspert sich ein wenig.
    
    „Ganz ehrlich? Es ging mir unter die Haut“, gesteht sie ihm dann.
    
    „In wie fern? Es ist doch gar nicht gruselig?“, wundert er sich, oder ist es Sarkasmus? Sie ist sich nicht sicher.
    
    „Dummerchen. Es macht mich an, dich so reden zu hören und...“ Sie verstummt.
    
    „Oh, sorry. Ich dachte...“ Er klingt tatsächlich ein wenig verlegen und es zaubert ein Lächeln auf ihre Lippen.
    
    „Nein, nein, schon gut“, beruhigt sie ihn.
    
    „Das hatten wir noch nicht“, stellt er amüsiert fest.
    
    „Nein.“ Es ist still in der Leitung in den nächsten Sekunden.
    
    „Musst du noch duschen?“ Er klingt, als würde er sich zusammenreißen. Sie wertet es als eindeutigen Versuch einen Grund zu finden, das Gespräch zu beenden, bevor es noch verfänglicher wird.
    
    „Nein. Hab ich schon“, schlägt sie seine Absichten in den Wind.
    
    „Ich auch. Da haben wir ja Zeit.“ Offenbar hat er es sich schon wieder anders überlegt.
    
    „Viel Zeit“, bestätigt sie. Wieder schweigt er sich einen Augenblick ...
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