1. Silberhochzeit


    Datum: 04.03.2018, Kategorien: Sonstige, Autor: Hassels

    Die nicht in allzu weiter Ferne liegende Silberhochzeit, eine Reminiszenz an Vivaldi könnte man meinen. Die vier Jahreszeiten, beginnend im Herbst. Nur sind die vier Abschnitte mit anderen Titeln versehen. Als 1. nimmt sich der Weg des Traumes. An 2. folgt das böse Erwachen mit einem Keim Hoffnung. Position 3. wirft Fragen auf, gibt Antworten auf die Reise. Und zum Finale die 4. mit dem hohen Sommergefühl der Liebe.
    
    1.
    
    Etwas in ihrem Unterbewusstsein ließ sie seit Tagen nicht mehr los. Sie richtete sich im Bett auf, dabei sah sie den Frühnebel aufsteigen, der langsam über den Garten bis zum Wald waberte. Die Zudecke schob sie beiseite, geschmeidig stand sie auf. Einige Augenblicke verfolgte sie das Naturschauspiel, wobei der Nebel immer dichter und milchiger wurde. Der ansteigende Druck ihres menschlichen Bedürfnisses, ließ sie ins Bad eilen.
    
    Nach Beendigung ihrer Geschäftstätigkeit, schaute sie in den zimmerhohen Spiegel an der Wand. Ihr Negligee reichte bis auf die Oberschenkel, ohne wirklich etwas zu verbergen. Sicher gab es das ein oder andere Fältchen, aber ihre Figur war noch top, wenn man das Alter voranstellte, einfach super sexy.
    
    Sie löschte das Licht im Bad und ging zurück ins Schlafzimmer. Da lag er nun, ihr Max, so wie seit achtundzwanzig Jahren, seit sie zusammengezogen waren. Letzten Monat waren es dreißig Jahre, dass sie sich in der Oberstufe kennengelernt hatten. In zwei Monaten stand die Silberhochzeit an, aber er hatte noch kein Wort darüber ...
    ... verloren. Zum zehnten und zwanzigsten Hochzeitstag hatte er schon Monate vorher geplant. Jetzt waren es nicht einmal mehr acht Wochen, von ihm hatte es noch keine Regung gegeben.
    
    Fast Fünfundzwanzig Jahre hatten sie ein zumindest ordentliches Sexleben gehabt. Doch als vor vier Jahren bei ihr die Wechseljahre Einzug hielten, war es wegen der Hitzewallungen und sonstiger Beschwerden, zum Erliegen gekommen. Nach drei Zurückweisungen, hatte Max sein Werben aufgegeben.
    
    Hatte sie ihre große Liebe verloren? Sie lebten zusammen, nebeneinander. Gedankenverloren kauerte sie mit den Ellebogen auf der Fensterbank, stützten den Kopf ab, der mit leerem Blick die Weite suchte. Der Blick wurde immer verschwommener, ihre Gedanken immer wirrer, lautlos liefen die ersten Tränen über ihre Wangen. Ihr war kalt, trotz Zweiundzwanzig Grad Zimmertemperatur. Sie zitterte und die Tränen liefen immer schneller.
    
    Ein warmer Arm legte sich über ihre Schultern und drehte sie vom Fenster weg. Sie hatte nicht bemerkt, das Max auf gewacht war. Er drehte sie weiter, beugte seinen Kopf nach unten und sah ihr in die Augen.
    
    "Rosa mein Schatz, was ist los? Was ist passiert?"
    
    Max nahm sie fest in den Arm, umklammerte sie, so das sie an seiner Schulter die Tränen vergoss. Dieses wohlige Gefühl, was sie so lange vermisst hatte, beendete ihren Tränenfluss.
    
    "Lass uns Morgen reden. Jetzt halte mich einfach nur weiter fest." Sie legten sich wieder ins Bett, selig schlief Rosa in Max Armen ein.
    
    2.
    
    Eine ...
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