1. Der außergewöhnliche Mitreisende


    Datum: 03.03.2019, Kategorien: Voyeurismus / Exhibitionismus Autor: bycapitano_rigor

    ... spüren. Aber wo ist er geblieben? Ist er gar nicht ausgestiegen? Aber er war doch auch mit seiner Tasche aus dem Abteil gekommen.
    
    Unkonzentriert irre ich über den Bahnsteig. Der Zug ist schon weitergefahren. Er muss schon längst weitergegangen sein. Es sind kaum noch Menschen auf dem Bahnsteig. Mühsam ziehe ich den schweren Trolly zur Rolltreppe, um in die Bahnhofshalle hinunterzufahren. Mit jedem Schritt sinkt meine Hoffnung, ihn noch einmal zu treffen. Da vorne, das könnte sein grauer Anzug sein. Ich eile ihm hinterher, so gut ich kann. Hohe Pumps und schwerer Koffer, eine denkbar ungünstige Kombination, wenn man jemanden einholen will. Aber eine hervorragende Idee, um etwas Außergewöhnliches zu erleben! Endlich habe ich den grau gekleideten Mann fast erreicht. Aber schon etliche Schritte hinter ihm merke ich, dass diese besondere Ausstrahlung fehlt. Es ist ein Fremder. Warum müssen auch alle Manager graue Anzüge tragen!
    
    Ich streife kreuz und quer durch die Bahnhofshalle. Manchmal glaube ich, seine Ausstrahlung zu spüren. Er muss noch in der Nähe sein. Oder spielen mir meine aus dem Ruder gelaufenen Emotionen einen Streich?
    
    Erst nach mehr als einer halben Stunde ...
    ... verlasse ich enttäuscht den Bahnhof. Ich habe noch etliche Soldaten getroffen, viele Studenten, einige Manager in grauen Anzügen. Aber werde ich meinen Herrn jemals wieder sehen?
    
    * * * * * * *
    
    Manfred steht an der Informationstafel in der Bahnhofshalle. Aber er kann sich nicht auf die Abfahrtzeiten konzentrieren. War das wahr, was er eben erlebt hat? Wie konnte er das nur tun, soviel Verantwortung auf sich nehmen! Was mag die junge Frau nun denken? Und doch, sie machte einen sehr glücklichen Eindruck.
    
    Tack-tack-tack-tack. Das Geräusch spitzer hoher Absätze lässt ihn aufhorchen. Zwar tragen viele Frauen hochhackige Schuhe, aber diesen Rhythmus ordnet er intuitiv eindeutig ihr zu. Wirklich. Sie geht nur wenige Meter an ihm vorbei. Sehnsüchtig blickt er ihr hinterher. Wie gerne würde er ihr seine Telefonnummer geben. Aber es wäre nicht gut, für beide nicht. Er wirft noch einen letzten Blick auf die wundervolle, schlanke Figur, die glatte Haut der Schultern, die schmale Taille in dem kurzen, engen Sommerkleid, die langen, schlanken Beine in den hohen, schwarzen Pumps. Dann wendet er sich dem Ausgang zu.
    
    Seufzend verlässt Manfred den Bahnhof. Er weiß, er wird sie nie wieder sehen. 
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