1. Traum III


    Datum: 15.03.2019, Kategorien: CMNF Autor: Anonym

    Kurz vor acht saß Steffen auf der Parkbank, rauchte eine und wartete auf Sabine. Ihrem ganzen Verhalten nach, schien sie langsam zu merken, wie die Welt tatsächlich aussah. Bisher war sie eine etwas ruppige, manchmal recht vorlaute junge Frau gewesen, und das mochte er. Die Art, wie sie sich jeden Mittag, wenn er in der Pause schnell seinen Hund spazieren führte, mit ihrer Clique in Szene setzte, wie sie ihn jedesmal ansah und sich nicht traute, ihn anzusprechen. Jedesmal dasselbe Spiel, wenn er möglichst schnell auswich, weil er einfach nicht verantworten konnte, solange sie nicht bei vollem Bewußtsein war, mit ihr ausugehen oder vielleicht sogar eine Beziehung mit ihr anzufangen.
    
    Die meisten Frauen, die rückgeführt wurden, passten sich zwar sehr schnell an die veränderten Umstände an, fanden es total geil und viel lockerer so, manche erlitten aber auch einen regelrechten Schock, wenn sie erfuhren, daß ihre Freunde bei dem Betrug involviert waren, und daran wollte er garantiert nicht teilhaben. Er hatte 2005, nach der Einführung der neuen emanzipatorischen Gesetzgebung erlebt, wie seine damalige Freundin zuerst ihn und dann das Land verließ, das war schlimm genug. Sie lebte jetzt irgendwo in einem der handvoll Staaten, die toleriert von der Feministischen Liga liberalere Gesetze hatten. Er selbst konnte damals nicht mit auswandern, weil er mitten in der Ausbildung steckte und weil er den "Neuen Feminismus" auch irgendwie geil fand. Alle Frauen komplett nackt, das war ...
    ... schon nach seinem Geschmack. Als Frau galt man übrigens erst mit 16 Jahren, an diesem Tag fand meistens eine öffentliche Zeremonie statt, in der die Frau durch Verbrennung ihrer Kleidung eine eingeschränkte Volljährigkeit erlangte.
    
    Etwas befremdlicher waren für ihn dann die in kurzer Folge hintereinander erlassenen Rasur- und Make-Up-Verbote sowie die Hygienebestimmungen. Das vertrug sich irgendwie nicht mehr mit einem emanzipatorischen Ansatz, sondern degradierte die Frau doch eigentlich zu einem bloßen Naturwesen, zu einem Höhlenmenschendasein gewissermaßen.
    
    Seine Kollegin Madeleine erklärte ihm jedoch in einem Gespräch, solange die medizinische Versorgung sichergestellt sei, lebe es sich wesentlich bequemer, wenn man lediglich die Zähne putzen muss, um ausgehfertig zu sein. Auf die Frage, ob sie sich nicht häßlich fühle, meinte sie, das sei doch das fairste System, das es gäbe. Alle nackt, alle behaart, alle ohne Schminke und Parfüm. Keine Chance, etwas zu verstecken, etwas zu betonen, sich als "etwas besseres" zu fühlen. Die einzigen, die das taten, machten sich ohne es zu wissen zum öffentlichen Gespött, wenn sie nicht vorhandene schicke Stiefel, die neuen Jeans oder sonstwas präsentierten. Da es allerdings nicht im Sinne der Feministischen Liga war, Frauen dauerhaft zum Gespött zu machen, entschloß man sich, die anfangs als aufrührerisch eingestuften Frauen ab dem Zeitpunkt, an dem es kein Zurück mehr gab, wieder in die Realität zu bringen.
    
    Heute Mittag hätte er ...
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