1. Die Lebensschule (2)


    Datum: 30.05.2019, Kategorien: CMNF Autor: Anonym

    ... sie ja hier, genau wie du. Ich habe dich heute zweimal, ohne es zu wollen, schlimm gequält. Einmal durch meine Nacktheit und ein zweites Mal durch meinen Namen. Das kann passieren, wenn man nichts voneinander weiß. Verzeih mir bitte.
    
    Eigentlich hätten ja auch die Jungs, die dir und dieser Monika das angetan haben, hier, in diese Schule gehört. Sie haben eigentlich nur genau so gehandelt, wie es ihnen von anderen, meist auch noch Älteren, die es hätten wissen müssen, beigebracht wurde:
    
    Sex ist „pfui“, Sex ist etwas Verbotenes, Schmutziges und sehr Dreckiges. Sex erreicht man am besten und am einfachsten durch Gewalt. Sie sind vielleicht von ihren Eltern geschlagen worden, weil sie im Bett oder auf der Toilette masturbiert haben.
    
    Also haben sie es ganz genau so gemacht: Mit Gewalt und so schmutzig, wie nur irgend möglich. Es war bei ihnen nicht einmal richtige Kriminalität, sondern es war einfach Unwissenheit und Dummheit. Dagegen kämpfen wir hier an und man macht es uns auch nicht gerade leicht. Du trägst auf jeden Fall gar keine Schuld daran. Im Gegenteil: Du hast dich sehr menschlich und verständnisvoll verhalten. Dass dich das abstößt, ist schon einmal die Garantie unseres Erfolges mit dir, da bin ich jetzt sicher. Sicher bin ich allerdings nicht, dass du lange hier in diesem Zimmer bleiben wirst. Aber ok, du musst zu gegebener Zeit schon selbst darüber entscheiden.
    
    Die Sache mit der Monika können wir fürs erste vielleicht beheben. Mein zweiter Vorname ist ...
    ... Maja. Nenne mich also einfach Maja. Das andere, deine Furcht vor dem Anblick nackter Frauen, können wir nur so lösen, wie man im Allgemeinen eine Phobie löst: Durch Begegnung mit dem Gegenstand der Phobie. Durch Herantasten und intensives Kennenlernen. Das wird dann die Aufgabe unserer Schule sein. Deine Aufgabe dabei wird sein, dich immer weiter darauf einzulassen und dich selbst immer weiter zu öffnen. Es wird dir nicht leicht fallen, aber ich glaube schon, dass du es schaffen wirst. Du darfst dabei aber nie deiner ersten Angst nachgeben. Du musst es schon wollen, dass wir dich davon befreien, Tag für Tag ein kleines Stück mehr.
    
    Kann ich übrigens meinen Kittel jetzt wieder ablegen? Er ist unbequem und ich fühle mich überhaupt nicht wohl darin.“ Ich nicke zögern mit dem Kopf. „Na ja, wenn es Sie, ..wenn es dich so stört, Miss Mo..., äh, Maja.“
    
    Miss Maja knöpft sich diesmal ihren Kittel ganz langsam und vorsichtig wieder auf. Nicht so hastig und schnell, wie vor unserem Hofgang. Sie beobachtet mich dabei und schaut mir aufmerksam in die Augen. Ich versuche, ihrem Blick stand zu halten, aber beim letzten Knopf drehe ich meinen Kopf instinktiv weg in Richtung Erkerfenster.
    
    „Matthias?“ Ihre Stimme klingt jetzt nicht mehr ganz so nett und verständnisvoll, wie gerade eben noch. Ich drehe mich also wieder zu ihr hin und konzentriere mich auf ihr Gesicht. Ist das etwa schon die Therapie? Um ihre Augenwinkel sehe ich zusammengezogene Lächelfalten. Sie ist schon wieder völlig ...
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