1. Wetterleuchten im Abendlicht


    Datum: 20.06.2019, Kategorien: Sonstige, Autor: Hassels

    ... Konvergenz festgestellt. Zarten Berührungen, sanftem Streicheln, folgten, auf der Klaviatur der Liebesspirale, erste schüchterne Küsschen.
    
    Wir ließen uns Zeit, viel Zeit, bis wir erstmals den Liebesakt vollzogen hatten. Mehr als ein halbes Jahr seit unserem Kennenlernen war da vergangen. Umso intensiver, nachhaltiger, wie es mir bisher erschien, hatten wir uns gegenseitig verwurzelt. - Bis heute Mittag! Den Post der Bilder konnte ich immer noch nicht fassen, mein Herz war wie gelähmt.
    
    Der Himmel wurde wieder heller, das Gewitter samt Regen hatte sich verzogen und am Horizont tauchte die Sonne langsam in den Wipfeln der Baumkronen ab. Ich machte mich auf, es war ja nicht mehr weit, den unwiderruflichen Weg. Fünf Minuten später stand ich vor der überdachten Garageneinfahrt von Annabells Elternhaus. Die Kartons hatte ich schnell ausgeladen, die Kofferraumklappe wieder geschlossen. Kurzzeitig hatte ich überlegt ihr eine SMS zu schicken, nachdem ich losgefahren wäre. Wirklich nur ganz kurz, dann klingelte ich doch. Wenn schon diese Schmach sein musste, dann bitte kompakt.
    
    "Du bist ja schneller als ich erwartet hatte!", begrüßte mich Kai in der Haustür. "Und bevor Du gleich explodierst, es war nur um Dich aus der Reserve zu locken. Annabell war sich Deiner Liebe nicht mehr sicher, hatte mir heute Morgen am Telefon die Ohren voll geheult. Ich hatte ihr zwar erklärt dass Du wegen Deiner Diplomarbeit im Stress wärst, links und rechts mit Scheuklappen, aber sie zweifelte." ...
    ... Mit offenem Mund hatte ich Kai zugehört, mich Gott sei Dank beherrscht. Viel hatte nicht gefehlt, ich hätte ihm wortlos einen Dänemann verpasst. Sein Nasenbruch wäre bei meiner harten Stirn wohl vorprogrammiert gewesen.
    
    Annabell strahlte als sie sich jetzt neben Kai gesellte, aber schlagartig verfinsterte sich ihr Gesicht als sie mich ansah. "Entschuldige Torben! Wenn ich geahnt hätte wie extrem es Dich mitnimmt, ich hatte eigentlich nur gehofft Du würdest Dich mal melden, wäre ich nicht auf Kais Vorschlag eingegangen." Mein Gesicht, wahrscheinlich ein Abbild meines Seelenzustands, ließ beide erschrecken. Sie wollte gerade auf mich zukommen, da fiel ihr Blick auf die Umzugskartons vor der Garage. Ein Zittern überfiel sie, die Tränen schossen auf ihre Wangen.
    
    "Gib mir den Wagenschlüssel, ich räume die Kartons wieder bei Dir ein!", sprach Kai mit der von ihm gewohnten Empathie und schob Annabell und mich zusammen. Sturzbäche von Tränen begleiteten unsere Küsse, das Salz der Umstände war zu schmecken. "Hob, rein mit euch. Ich lösche nur schnell den Post und dann verschwinde ich!" Kais Anweisungen waren uns Befehl, aber für die Nummer würde ich ihm noch eine Retoure verpassen.
    
    Drei Minuten später hatte ich den Autoschlüssel zurück, Kai seinen Laptop unter dem Arm und kurz darauf vernahmen wir das Zuziehen der Haustür. Annabell erdrückte mich fast, wie ein Klammeraffe schmiegte sie sich an mich an. Aus meiner linken Hosentasche nestelte ich eine kleine Schachtel und hielt ...