1. Bei den bösen Mädchen


    Datum: 30.06.2019, Kategorien: Romantisch Autor: Nero

    ... Trinkbecher schepperten und kippten um, ein stechender Schmerz zog durch einen meiner Fußknöchel, und gespenstische Stille erfüllte den Raum. Angestrengt blickte ich um mich, konnte meine Umgebung aber nur verschwommen wahrnehmen. "W-wo sind meine Augengläser?"
    
    Verlegenes Gekicher drang an meine Ohren und jemand setzte mir das Augengläsergestell auf die Nase. Der aus einem Kuhhorn geschnitzte Rahmen war leicht verbogen und ein Glas hatte einen Sprung. Das erste Bild, welches meine Augen wieder klar wahrnamen, war der Augenblick, in dem sich eine hochgewachsene Brünette über die Galerieballustade schwang und katzengleich in den Saal sprang.
    
    "Sei nächstes Mal vorsichtiger, Chizuka," mahnte eine drahtige Schwarzgelockte mit gespielter Strenge. "Das ist ein Gelehrter, der hält nicht viel aus."
    
    "Ich wollte eigentlich nicht grob sein", antwortete die Brünette leicht verlegen, und das Gekicher im Saal schwoll zu schallendem Gelächter an. Ich blickte mich um. Abgesehen von ein paar Schlagringen, Wurfsternen, Dolchen und anderen Kleinigkeiten waren die Damen so gut wie unbewaffnet, aber das sollte nicht viel bedeuten, denn gute Kriegerinnen konnten Bären und andere wilde Tiere mit bloßen Händen bezwingen. Vermutlich wäre der geheime Seziertisch eines Alchimisten ein ungefährlicherer Auftentaltsort gewesen, aber noch waren die Damen bei bester Laune.
    
    "Ein Gelehrter, ein Gelehrter", prustete eine Blondine schließlich. "So schlimm kann es nicht stehen um ihn. Schaut mal ...
    ... die Beule in der Mitte..."Das Ende ihrer Rede verlor sich unter den lautstarken Beifallsbekundungen, und ehe mir die Schamesröte ins Gesicht steigen konnte war ich meinen Talar los.
    
    "Na, was haben wir denn da", bemerkte die Schwarzgelockte als sie auch meinen Schurz entfernt hatte. "Ein Wurm, der sich anschickt, zum Drachen heranzuwachsen."
    
    Den Schmerz in meinem Knöchel ignorierend setze ich mich auf und sprang so schwungvoll wie ich es ertragen konnte vom Tisch. "Soll euch jetzt den Drachen machen, oder was?" folgerte ich. Ausgelassen jubelend klatschten die Kriegerinnen Beifall und ein mulmiges Gefühl nistete sich in meiner Magengrube ein.
    
    "Mach mal" forderte die Schwarzgelockte frohgemut, "Mach mal!"
    
    "W-wie bitte?" stammelte ich.
    
    Energisch packte sie meine Hände und legte sie an mein bestes Stück. "Na los", rief die Schwarzhaarige ungeduldig.
    
    Halbherzig setzten meine Finger an zu jenen Bewegungen von denen ich nie vermutet hätte dass sie je zur Attraktion eines fröhlichen Damenabends werden sollten, und die Zuschauerinnen kicherten.
    
    "So wird das nichts, Nouri", bemerkte die Blondine. "Das könnte sogar Auryana besser hinkriegen. Wo ist Auryana?"
    
    "Da steht sie doch!" Nouri, die Schwarzgelockte, zeigte mit ausgestrecktem Arm auf ein zierliches Mädchen mit üppigen roten Locken, die sich bis über die knospenden Rundungen unter ihrem Brustpanzer legten. Zwei strahlend grüne Augen blickten mich an, zarte Lippen öffneten sich zu einem verlegenen Lächeln und ...
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