1. Die Burg


    Datum: 20.04.2018, Kategorien: Sonstige, Autor: Aldebaran66

    ... Worten zog sie an dem Tuch und es fiel leicht zu Boden.
    
    Hatte ich zuerst geglaubt mich jetzt zu sehen, wie es in einem Spiegel üblich ist, wurde ich nicht enttäuscht. Ich stand mit der Gräfin Hand in Hand davor ohne das ich etwas besonderes entdecken konnte. Doch dann, als der Mond hinter einer Wolke hervorkam, hinter dem er einen Moment verschwunden war, fiel sein Licht auf die glänzende Oberfläche.
    
    Sofort änderte sich das Bild und ich konnte es einfach nicht glauben. Weder die Gräfin noch ich waren mehr zu sehen, stattdessen der Saal so, wie er hinter mir war. Doch es war ein gewaltiger Unterschied dazu vorhanden.
    
    Im Spiegelbild war der Kamin an und um den großen Tisch saßen und standen sehr viele Menschen in einer Bekleidung, die dem 14. ten Jahrhundert entsprachen. Sie unterhielten sich miteinander und es sah so aus, als wenn sie ein Fest feierten.
    
    Über dem Kaminfeuer drehte sich ein ganzes Schwein, was nach einem Wildschwein aussah. Auf dem Tisch selber standen weitere Gerichte und waren auf silbrig glänzenden Tafeln angemacht. Ich konnte einen Fasan erkennen, den man nach dem Braten wieder die Schwanzfedern angesteckt hatte. Größere Stücke gebratenes Wild waren aufgetragen worden, welche man an ihrem dunklen Fleisch erkennen konnte. Dazwischen standen andere Schalen, teilweise mit Waldfrüchten wie Erd-, Blau- oder Preiselbeeren oder mit verschiedenen Gemüsesorten gefüllt. Hier und da lief die Bedienung herum, die zumeist aus Jungen bestanden, die ...
    ... unentwegt mit Kannen voller Wein darum bemüht waren, dass alle Gäste immer etwas zu trinken hatten.
    
    Es war eine ausgelassene Gesellschaft, die sich dort getroffen hatte und feierte.
    
    Ich wusste genau, dass sie nicht hinter mir sein konnten, trotzdem drehte ich mich einmal um, damit ich mir sicher sein konnte. Doch dort war niemand und ehrlich gesagt, hatte ich auch niemanden erwartet.
    
    Sofort drehte ich mich wieder um, sah dabei aber die Gräfin an.
    
    "Ja!", sagte sie, "meine und ihre Familie, bevor alles passierte. Ich kann sie jedes Mal bei Vollmond sehen. Ich kann das Bild aber nicht ertragen. Seit über hundert Jahren habe ich es mir nicht mehr angeschaut. Es macht mich traurig. Es ist eine zusätzliche Strafe, die mir auferlegt wurde."
    
    Dann griff sie auf einmal neben den Spiegel und hielt einen Schürhaken in der Hand, den ich gar nicht bemerkt hatte. Sie holte damit aus und schlug auf den Spiegel ein, bevor ich sie davon abhalten konnte. Doch als der Haken die glatte Oberfläche traf, hinterließ er nicht einmal einen Kratzer. Auch beim nächsten Schlag war es nicht möglich, dem Glas etwas anzuhaben.
    
    "Jetzt wisst ihr auch, warum ich ihn zugehängt habe. Ich kann ihn nicht zerstören!"
    
    Bei diesen Worten ließ sie ihren Arm sinken, der Haken entwand sich ihrer Hand und fiel polternd auf den Boden. Dabei hatte man den Eindruck, als wenn nicht nur der Haken zu Boden fiel, sondern zugleich auch die ganze Spannung aus ihrem Körper wich. Ich umschloss sie ein weiteres Mal mit ...
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