Amsterdam, ich komme
Datum: 06.08.2019,
Kategorien:
Erotische Verbindungen,
Autor: byhugluhuglu
... ihrem Pulli. Zwischen jedem Faden ein Blick zu Tim. Seinem Vater gehört eine Reihe von gut laufenden Autohäusern in der Provinz. Volkswagen ist für ihn keine Marke wie die anderen, es ist eine Lebenseinstellung. Ein Automobil für den bodenständigen Mann.
Er pilgert nach Wolfsburg und betet jeden Sonntag in der Dorfkirche. Doch sein heimlicher Götze ist der Mammon. Ich mag seinen Vater nicht, einen lauten, ziemlich übergewichtigen Mann mit einem zu großen Selbstbewusstsein, eine Mischung aus Helmut Kohl und Dieter Thomas Heck. Zum 18. Geburtstag hat er Tim einen nagelneuen Golf III geschenkt. Für Tim eine Selbstverständlichkeit. Seitdem kommt er nicht mehr mit dem Bus zur Schule. Nicht mehr mit Sonja. Bastian und ich sehen da einen Zusammenhang.
Tim und Michael sind immer zwei schnelle Schritte voraus. Schwarzer Afghane oder Roter Libanese oder doch lieber Gras - sie werden aufgeregter, je näher wir einem Coffeeshop kommen. Die Tür zum Paradies, zwei Kinder im Spielzeugladen, das Schlaraffenland.
Vierzig Gulden später sitzen wir in einem Touristenrestaurant. Das erste Mal gehen wir in einem Restaurant essen. Und nachdem wir die Rechnung gesehen haben vermutlich auch das letzte Mal. Für Interrailer viel zu teuer. Allein die Getränke kosten das Doppelte dessen, was wir zuhause dafür bezahlen.
Im Vondelpark vor der Herberge dreht Michael den ersten Joint meines Lebens. Dazu klebt er drei Blättchen aus seinem Zigarettenpapier zusammen, rollt aus einem Stück Pappe ...
... einen Filter und legt feingeschnittenen Tabak in die Rinne. Mit dem Feuerzeug erhitzt er das Haschisch.
Ein würziger Duft breitet sich aus. Niemand im Park nimmt Notiz von uns, obwohl wir wissen, dass öffentliches Kiffen nicht erlaubt ist. Schließlich leckt er die Klebefläche des Blättchens an und rollt den Joint zusammen, zwirbelt sogar die Spitze zwischen den Fingern. Ein Bild von einem Joint. Mein Herz klopft aufgeregt. Michael und Tim erklären, wie es geht.
Rauch in die Mundhöhle saugen. Mund öffnen, dann erst einatmen. Ganz tief. Ich muss nicht husten. Stattdessen fliegen mir beinahe die Augen aus dem Schädel. Der Joint kreist. Nicole nimmt einen Zug, Bastian, Tim, Sonja nicht, dann Michael und wieder ich. Aus dem Ghettoblaster dröhnt Phillip Boa, live im Exil on Valletta Street. Was immer das auch heißt. Das Gras in meiner Hand ändert plötzlich seine Struktur. Die Vögel in den Bäumen werden laut. Ich spüre ein Kitzeln in meinem Bauch. Michael grinst unter seiner Kapuze. »Na, Svenni? Wirkt er schon?« Er betont jeden Buchstaben. Das ist ziemlich komisch. Das Kribbeln in meinem Bauch wird zu einem Kitzeln und bricht als Lachen hervor. Der graue Himmel zieht blaue Schlieren, das Gras wächst hörbar.
Ich kichere, schmunzle, gröle und spotte. Sonjas hellbraunes Haar ist ganz glatt, ihre Beine unendlich lang, Michaels trockene Haut raschelt, Nicoles Titten wachsen unter ihrem bunten Pulli, Tims Nase wird länger und länger und länger.
»Ich merk nix«, sagt Bastian, bleibt ...