Erinnerungen 03
Datum: 09.09.2019,
Kategorien:
Sci-Fi & Phantasie
Autor: byErelyn
... selbstverständlich leicht an ihn lehnte, dabei jedoch die ganze Zeit ein freundliches Lächeln aufgesetzt hatte, das nicht im Ansatz anhand seiner Worte entglitt, als spräche er nicht über die Gefallenen, sondern das Wetter.
Er senkte seine Stimme weiter ein wenig, so dass die Hintersten ein wenig heranrücken mussten, um ihn noch zu verstehen.
„Nun stellt euch vor, ihr wärt diejenigen gewesen, die zu schwach waren. Ihr hättet sie vielleicht retten können, wenn ihr nur ein wenig stärker gewesen wärt. Würde sich ein Einziger von euch feiern lassen? Könntet ihr nun ein freundliches Lächeln aufsetzen, als wäre es nicht geschehen? Würdet ihr nicht um ein wenig Zeit bitten, um eurer persönlichen Trauer Platz zu geben? Gebt mir und Daria diesen Moment... bitte."
Die kurze Rede hatte seinem ersten Eindruck nach gut gewirkt, trotzdem, er war noch nicht ganz am Ende.
Nun kam er zum komplizierten Teil. Er musste den Dorfbewohnern in möglichst einfachen Worten erklären, dass eine Waldläuferin und ein Heiler sehr wohl ein Paar sein konnten. Mit Vorurteilen dieser Art hatte er schon immer nicht viel anfangen können und so einige Schwierigkeiten, sie nun aus dem Weg zu räumen. Aber Daria hatte wie immer ein magisches Gespür für Situationen dieser Art und schaffte es das Thema auf ihre eigene Art zu beenden.
Beinahe war er überrascht, wie klar ihre Stimme klang, als sie sprach. Es klang wie von jemandem, der es gewohnt war, Reden zu halten. Eine weitere Facette ihrer ...
... Vergangenheit? Wieder einmal wurde ihm klar, wie wenig er doch über sie wusste.
„Dort wo ich herkomme, wurde den Verstorbenen ein eigener Tag gewidmet, an dem ihnen gedacht und den Trauernden Zeit dafür gelassen wurde. Dort wo ich herkomme, war die Beerdigung der Toten keine Feier, sondern eine stille Zeremonie. Dort wo ich herkomme..."
Sie stockte, als wäre ihr gerade erst aufgefallen, dass dies hier kein vertrauliches Gespräch unter Freunden war. Ein kaum merklicher Schatten legte sich über ihre Züge, den Umstehenden schien er jedoch nicht aufzufallen. Ihre Augen zuckten kurz in seine Richtung, als müsste sie sichergehen, dass er während der letzten Atemzüge nicht verschwunden war. Als sie weitersprach, stand sie ein wenig aufrechter da, er konnte sehen, wie sie ihre Nackenmuskeln deutlich über das normale Maß hinaus anspannte.
„Kurz nachdem ich geboren wurde", begann sie den Satz von neuem,
„... hat man mich mir fremden Frauen übergeben, die für mein Wohl sorgen sollten. Ich hatte mehrere Mütter, wohl als Ersatz dafür, dass sie mir meine Eltern genommen hatten.. Ich bekam die beste Erziehung, die sich ein Kind wünschen kann: Konnte die Welt für mich selbst entdecken, spielte mit anderen Mädchen den Tag über fangen im Wald. Die ältesten und weisesten Frauen unseres Volkes brachten uns bei, wie die Welt aussieht, wie man Beeren findet und kleine Hütten aus Zweigen und Ästen baut. Nur eins fehlte: Liebe. Wir hatten alles, was wir uns vorstellen konnten, aber am Ende wartet ...