1. Erinnerungen 03


    Datum: 09.09.2019, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie Autor: byErelyn

    ... Wolken.
    
    „Warum habt ihr all diese Bilder des Todes in eurem Heim - hier?"
    
    Sosehr sie sich dafür verwünschte, aber mit diesen Bildern hatte er ihre ungeteilte Aufmerksamkeit erlangt, sie begann, sich langsam für diesen Mann zu interessieren. Seine Antwort war wie gewohnt ohne jede Farbe in der Stimme, sie meinte jedoch ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen zu erkennen -- eines von der Sorte, welches man zeigte, um etwas zu verstecken:
    
    „Nun, wie bereits erwähnt, sie erinnern mich täglich daran, einen Sieg niemals zu früh zu feiern. Außerdem kann ich nicht umhin, als diese Frau zu bewundern, auch wenn sie allein über den Krieg wahrscheinlich mehr als hundert meiner Soldaten getötet hat. Oh, bevor ich es vergesse: Für den Rest des Abends nennt mich bitte einfach Uriel, in Ordnung?"
    
    „Würdet ihr versuchen sie töten, wenn ihr sie noch einmal sehen würdet?"
    
    Diese Möglichkeit war ihr gerade eben erst eingefallen. Es war eigentlich die einzige Möglichkeit. Er hatte ihr Auge in Auge gegenübergestanden, vielleicht sogar gekannt. Als er für den Bruchteil einer Sekunde erstarrte, hatte sich ihre Vermutung bereits bestätigt. Sie war nicht einfach nur eine Heldin, sie war seine ganz persönliche Gegnerin. Umso überraschender war seine Antwort.
    
    „Nein. Es gibt einen Zeitpunkt, an dem man einsehen muss, dass man verloren hat."
    
    Sie hob die Augenbraue leicht an, als sie sich selbst eingestand, dass Uriel sich den enormen Respekt, den er einforderte, ohne Zweifel verdient ...
    ... hatte.
    
    „Das heißt, ihr würdet jemanden, der Unzählige der Euren getötet hat, einfach laufen lassen?", hakte sie nach.
    
    „Nicht jemanden. Sie."
    
    Eine Weile verstrich, in der niemand von ihnen etwas sagte. Sein Blick war abgeglitten, ihr fiel auf, dass er es vermied, ihr in die Augen zu sehen. Sie hätte ihn einfach töten können und verschwinden.
    
    „Warum zeigt ihr mir dies alles? Warum bin ich hier?", brach sie schließlich das Schweigen.
    
    „Weil..."
    
    Er unterbrach sich, holte tief Luft, um erneut anzusetzen. Zum allerersten Mal schien er nicht komplett ruhig.
    
    „Weil ihr eine Frau mit Verstand seid. Als ich euch heute Mittag wegsperren ließ, tat ich das, weil es meine Pflicht ist, das zu tun. Doch als ich euch heute Abend wiedersah, ist mir spätestens dann klar geworden, dass ihr dort nicht hinpasst. Ihr seid nicht eine Attentäterin, die jemanden umbringen will, weil es ein Anderer befohlen hat. Ihr seid nur eurem eigenen Verstand und Gewissen unterworfen -- das ist ein seltenes Gut in diesem Land.
    
    Befehle zu befolgen ist nicht schwer, es gibt kaum jemanden, den es überhaupt interessiert, warum sie die Aufträge ausführen. Diejenigen, die es doch tun, werden ausgemustert. Es gibt eine Hand voll höherer Generäle und Verwalter, die nur dem direkten Befehl des Königs unterstellt sind -- wie ich zum Beispiel. Diese wenigen Leute sind die Einzigen, die ihren Verstand benutzen, um Aufgaben zu erledigen. Es ist unnötig zu erwähnen, dass alles diese Generäle handverlesen sind ...
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