1. Erinnerungen 03


    Datum: 09.09.2019, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie Autor: byErelyn

    ... es meine Aufgabe, den Stamm zu beschützen und mein Wissen an die nächste Generation weiterzugeben.
    
    Und zu jagen. Eine Kunst, die mit viel Geduld und oft tagelangen Fußmärschen verbunden ist. Im Sommer befinden sich die Herden oft hoch oben in den Gebirgen, um dort die grünen Wiesen und von den Menschen unberührten Pflanzen abzugrasen. Der Aufstieg durch die Pässe ist beschwerlich, die eigenen Schritte hallen viel weiter als ein Pfeil fliegen könnte. Es bedarf einiges an Übung, eine Ziege unter diesen Bedingungen direkt tödlich zu treffen, dass sie nicht noch eine Meile rennt, bevor sie der Blutverlust erledigt.
    
    Im Winter, wenn es in den Bergen für die Tiere zu kalt wird, um noch Futter zu finden, kommen sie runter in die Täler. Die großen Herden machen es auch hier oft unmöglich, sich unbemerkt durch die Bäume anschleichen zu können, um eine freie Schussbahn zu bekommen. Zwar lässt die Kälte und der Schnee, der die Futtersuche für die Tiere erschwert oft einige von ihnen so schwach zurück, dass sie nicht mehr davonlaufen können. Das Fleisch von ihnen wird dadurch aber zäh, außerdem ist es kaum möglich zu sagen, ob sie nicht an einer auch für uns tödlichen Krankheit gelitten haben. Wir sind Jäger, keine Aasfresser.
    
    Ich lernte schnell, schneller als die meisten anderen. Meine Pfeile trafen fast immer ihr vorbestimmtes Ziel, ohne meiner Beute einen minutenlangen Todeskampf zu bereiten, den sie nicht gewinnen konnten. Ich hatte das Glück, von unserer Ältesten Rat zu ...
    ... bekommen, lernte, meine Beute nicht nur zu töten, sondern auch auszunehmen, die Haut zu Leder zu verarbeiten und ihr Fleisch haltbar zu machen, sowie Kräuter zu finden und zu verwenden. Oder mich von Früchten oder sogar den Wurzeln von Bäumen zu ernähren. Lernte, den Stolz eienr Waldläuferin zu repräsentieren. Heute weiß ich, dass dieses Glück mein Überleben gesichert hat. Ohne ihre Ratschläge hätte ich den Krieg vielleicht überlebt, wäre dann jedoch innerhalb einer Woche verhungert.
    
    Vielleicht hätte ich in einigen Jahren sogar selbst dem Rat angehört. Doch mit dem ersten Tag als Soldaten fremder Völker durch unsere Siedlung marschierten hat sich viel geändert - zu viel. Ich blieb eine Jägerin. Jedoch jagte ich nicht mehr ausschließlich Hirsche und Hasen. Ich jagte Menschen und machte dabei keinen Unterschied zu Vieh. Wir vergifteten ihre Tiere, um sie aufzuhalten und zu schwächen. Wir trieben Soldaten auf einer Lichtung zusammen, nur ums sie dort aus dem Schutz der Bäume heraus abschlachten zu können. Wir töteten sie im Schlaf, damit sie sich nicht wehren konnten. Wir töteten Mörder. Bis wir selbst zu Mörderinnen wurden.
    
    Und jeden Abend brannte der Scheiterhaufen, man konnte die Seelen beinahe zum Himmel steigen sehen. Die Toten des Tages. Am schlimmsten war es, wenn es die Nacht zuvor Kämpfe gegeben hatte, oder wenn der Wind den Gestank in Richtung des Waldes lenkte. Unser Wald, der nicht länger uns gehörte.
    
    Bei uns wurden Tote nur verbrannt, wenn es definitiv keine ...
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