1. Erinnerungen 03


    Datum: 09.09.2019, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie Autor: byErelyn

    ... andere Möglichkeit gab. Normalerweise gedenken wir ihnen einige Tage und geben den Geistern Zeit, die Seelen zu sich zu holen. Dann werden ihre sterblichen Überreste in einer eigens dafür organisierten Zeremonie dem Wald wieder zurückgegeben. An diesem Tag darf nicht gejagt werden, aus dem vergangenen Leben des einen werden die nächsten geboren, in einem ewigen Kreislauf. Unsere Körper sind, so besagt es die Überlieferung, von der Geburt an bis über den Tod hinaus Eigentum der Natur.
    
    Ich werde niemals vergessen, wie wir die kilometerweit sichtbare Flamme des Scheiterhaufens im Soldatenlager nicht mehr nur aus der Ferne sahen. Es dauerte nicht mal eine Woche, bis auch mein Volk ein Feuer für die Toten zusammenschichtete. Mittags, damit man die Flamme nicht so weit sehen konnte, beschleunigt durch getrocknetes Moos und kleine Äste. Ich sehe noch heute das Feuer, ich kann es sehen, aber nicht begreifen. Damals hat es sich angefühlt, als würden nicht nur die Toten, sondern ich selbst mit im Feuer liegen. Das hat sich bis heute nicht geändert.
    
    An diesem Tag hat der Krieg wirklich begonnen und erst wieder aufgehört, als niemand mehr übrig war, den man hätte bekämpfen können. An diesem Tag beginnt die Geschichte. Die Geschichte einer vereinsamten Frau, dessen Herz nie das Gefühl vergessen wird zu verbrennen. Meine Geschichte." Sie atmete tief ein, um sich selbst Mut zu machen, musste sich davon abhalten, wieder in die Gesichter einer vergangenen Zeit vor sich zu sehen. Gerade ...
    ... als sie weitererzählen wollte, bemerkte sie, dass Quinn den Atem anhielt. Unmittelbar wurde sie an eine Zeit erinnert, in der sie noch ein kleines Mädchen gewesen war. Immer, wenn jemand Geschichten über Waldungeheuer erzählt hatte, hatte sie vor Furcht oft den Atem angehalten, als müsse sie sich vor den Wesen in der Geschichte verstecken. Bei ihm konnte sie sich jedoch keinen Reim darauf machen.
    
    Statt ihn jedoch einfach zu fragen, tat sie intuitiv das, was ihre Ziehmutter damals immer getan hatte: Ganz vorsichtig, dass man ihre Bewegungen noch nicht einmal über das Bett auf dem sie saßen spüren konnte, setzte sie sich hinter ihn, bis sie aus dem Blickfeld seines leicht verwunderten, ihr folgenden Blick verschwunden war. Bis dahin bestand ihre Antwort aus einem sanften Lächeln, er verstand und blieb still.
    
    Ihre Mutter hatte sich stets mit überkreuzten Beinen hingesetzt. Ohne darüber nachzudenken, tat sie es dem Bild in ihrer Erinnerung gleich und bedeutete Quinn vorsichtig, sich hinzulegen, sodass sein Kopf genau in ihrem Schoß gehalten wurde. Dann beugte sie sich leicht über ihn, sodass sie sich genau in die Augen sehen konnten. Für den Bruchteil einer Sekunde musste sie sich daran erinnern, dass seine Anwesenheit in ihrem Schoß diesmal nichts zu bedeuten hatte. So schnell, wie der Gedanke gekommen war, verschwand er jedoch auch wieder, als sie in seine feucht glänzenden Augen sah.
    
    *****
    
    Feuer, Flammen hüllten ihn ein. Seine Umgebung glich der Hölle selbst, als ...
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