1. Erinnerungen 03


    Datum: 09.09.2019, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie Autor: byErelyn

    ... dir zusammen sein zu können. Ich liebe dich. Mehr kann ich dir nicht geben."
    
    Sie versuchte, sich von ihm zu lösen, doch er hielt sie zurück. Zu gerne hätte er nun gewusst, was sie dachte, ihr in die Augen gesehen. Vielleicht sagte ihre Haltung, den Kopf direkt nach unten gerichtet, die Arme kraftlos auf den Schoß gelegt, alles aus, was er wissen musste. Er versuchte, sie sanft zu streicheln, sie schnappte nach seiner Hand und hielt sie fest, sodass er sie nicht mehr bewegen konnte. So fest, dass er spürte, wie sich das Blut in den Fingerspitzen staute.
    
    „Du machst es mir nicht gerade einfach ... Wie stellst du dir das vor, wenn wir in einer knappen Woche in Lanan ankommen? Ich gehe meinen Bruder suchen und du deine Aileen? Als wäre nie etwas geschehen? Glaubst du wirklich, ich kann jetzt noch einfach loslassen? Es geht nicht nur um dein Schicksal!"
    
    Aileens Erwähnung versetzte ihm einen Stich in der Magengrube, was sie aber hoffentlich nicht bemerkt hatte. Immerhin ließ sie seine Hand endlich etwas lockerer, wenngleich noch ein leichtes Kribbeln zu spüren war. Er hätte sich schlagen können dafür, sie jemals vor ihr erwähnt zu haben. Wieder einmal wurde ihm unmissverständlich gezeigt, wie unterschiedlich sie beide eigentlich waren. Die anstrengende Zeit im Dorf hatte mehr Wunden wieder aufgerissen, als er wahrhaben wollte. Diesmal würden sie nur nicht einfach mit einer netten Geschichte wieder verschwinden.
    
    „Ehrlich gesagt habe ich mir noch keine Gedanken darüber ...
    ... gemacht, was passiert, wenn unsere Reise bis auf weiteres endet. Ich denke aber, in einer Hauptstadt sollte es genug Möglichkeiten geben, meinen Lebensunterhalt zu verdienen ..."
    
    Es klang nicht so überzeugend, wie er beabsichtigt hatte. Davon abgesehen, dass es Jahre her war, seitdem er das letzte Mal längere Zeit in einer Stadt verbracht hatte. Er liebte die Wildnis und die Unabhängigkeit auf Reisen, verabscheute die stinkende Stadtluft. Warum hätte er dahin zurückkehren wollen?
    
    „Ich weiß nicht, ob ich meinen Bruder überhaupt sehen will. Vielleicht ist er auch schon tot oder hat woanders sein Glück gefunden ..."
    
    Sie ließ lange Pausen zwischen den Wörtern, ihre Stimme klang niedergeschlagen, als müsste sie unendlich große Lasten bewegen.
    
    „Lanan ist nicht dafür bekannt, Magier länger als nötig am Leben zu lassen. Bisher habe ich noch nicht daran gedacht, aber ich fürchte, es ist keine gute Idee, wenn du mit mir kommst. Andererseits wärt ihr dann völlig umsonst den ganzen Weg mit mir gegangen ..."
    
    Er spürte die Hoffnungslosigkeit in ihrer Stimme, ohne dass er etwas dagegen tun konnte. Für sie musste es so aussehen, als würde alles, was gestern noch nach einer wunderbaren Zukunft ausgesehen hatte, einfach verschwinden. Das Problem war, dass sie Recht hatte. Lanan war für Magier anderer Länder kein sicherer Ort, auch wenn er gelernt hatte, seine Fähigkeiten unter Verschluss zu halten. Die Wahrscheinlichkeit einen Mann zu finden, von dem sie weder mit Sicherheit seinen ...
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