1. Coco Zamis – Jugendabenteuer 02


    Datum: 20.04.2020, Kategorien: Berühmtheiten Autor: byLogenDee

    ... Frau! Und ich halte es, im Gegensatz zu Ihnen, sehr wohl für begründet mein Missfallen zu äußern und ihr eigenartiges Verhalten zu kritisieren! Ich war auch einmal jung wissen Sie, aber zu meiner Zeit, kannten wir noch Grenzen! Aber die Jugend von heute....tsss, spritzen sich irgendwelche chemischen Substanzen und meinen dann auf Wolke Sieben zu schweben, unmöglich! Kein Verantwortungsbewusstsein mehr! Sehen Sie sich nur an! Voll auf Droge, schön in den Flieger und ab in die freie Welt, was?", spülte unaufgefordert und absolut lehrreich eine gesammelte Lebensweisheit über mich hinweg.
    
    Fantastisch. In meinen Sitz gekauert und von fremden Händen noch immer an den Schultern umfasst und an die Rückenlehne gedrückt, ordnete ich meine Gedanken und verankerte mich im Hier und Jetzt. Das Klappern von Deckeln, die gegen Rahmen schlugen und das Scharen von Taschen und Koffern, die über Kunststoffböden geschliffen wurden, beherrschte die Geräuschkulisse. Ein raunender Strom an Leibern drängte sich neben mir den schmalen Korridor des länglichen Flugzeugtorsos entlang. Nur schwaches, weißliches Morgenlicht fiel durch die ovalen Fenster in den Innenraum und ließ die hintereinander watschelnden Fluggäste wie eine farblose, mehrköpfige Raupe wirken. Bis auf ein paar Seitenblicke, erntete unsere Sitzreihe keine Aufmerksamkeit.
    
    Ich taxierte diesen Menschen, der mich kostenlos mit seiner Bergpredigt von Sünden, die ich gar nicht begangen hatte, versuchte zu läutern. Er musste um die ...
    ... Sechzig oder Siebzig sein, schätzte ich aufgrund seiner Halbglatze, dem Kranz grauer Haare und dem aufgedunsenen Gesicht mit breiter Nase. Er trug einen mausgrauen Anzug und eine bordeauxrote Krawatte, Schnitt und Kombination, entsprachen nicht mehr unbedingt aktueller Modetrends.
    
    „Okay, vielen Dank für ihre eingehende Durchleuchtung meines Lebensstils und der meiner Generation. Offensichtlich ist wahrhaftig etwas dran, dass all die Amphetamine-Punschs und Medikamenten-Cocktails die ich als Nahrungsergänzungsmittel zu mir nehme, und meine Freundinnen natürlich auch, doch nicht so toll für unseren Metabolismus sind. Wer hätte das gedacht? Also echt, auf nichts kann man heutzutage mehr vertrauen!", gab ich mich zutiefst entrüstet und verbarg nicht im Geringsten den inne wohnenden Sarkasmus.
    
    Wer immer der nette Herr war, der den Flug über neben mir gesessen hatte -- man kennt das ja, am Anfang begrüßt man sich höflich, dann folgen meistens ein oder zwei Sätze Smalltalk und dann setzt das galante Schweigen ein - , jetzt schien er seine guten Manieren zu vergessen. Ohnehin hatte ich den Eindruck, dass in dieser alternden, menschlichen Hülle eine Seele saß, die bis obenhin angefüllt war mit Verbitterung und Gram. Meine bissige Entgegnung jedenfalls vermochte er nicht gut zu verdauen. Hernach starrte er mich geradezu feindselig an, als wäre ich die Verkörperung eines fundamentalen Ärgernisses. Mir entging nicht, wie abfällig seine kleinen, tief in den teigigen Höhlen liegenden ...
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