Urteil des Paris Generalprobe
Datum: 09.09.2020,
Kategorien:
Kunst,
Autor: Anonym
Urteil des Paris (frei nach Plato d. J.)
Die Generalprobe
Das Stück war durchgeprobt. Die Generalprobe war für morgen angesetzt.
Aber keine Kulisse und kein Kostüm war fertig.
Auf den Werbe-Flyern und auf den Plakaten war zwar Matschke als Sponsor groß ausgedruckt.
Aber Matschke war pleite! Fast alle wussten es inzwischen.
Nur seine Tochter, die tolle Verena tat immer noch so, als wäre alles beim alten,
sie wollte es einfach nicht wahrhaben.
Das letzte Geld von Matschke hatten die Gläubiger geschluckt, das meiste der Insolvenzverwalter.
Einen Tag vor Beginn hatte HS eine Besprechung mit der gesamten Besetzung anberaumt.
Krisensitzung.
Absetzen oder Improvisieren? so lautete die einfache Krisenfrage.
Protest:
Wir haben 3 Monate geprobt! Wir wollen spielen! Absetzen kommt nicht in Frage!
Also improvisieren!
Na gut
HS: Bühnenbild: wer hat Vorschläge? Die geplante Version ist ja wohl gestorben.
Georg, unser Dicker, meldet sich zu Wort: Also, ganz einfach: wir lassen die silberne Leinwand herunter und schmeißen mit dem großen Projektor schöne Dias von Griechenland und Kleinasien an die Plane!
Ich hab da Einiges auf Lager, großartige Landschaften!
HS: Genehmigt, Georg, du bist ab sofort zum Bühnenregisseur ernannt!
Ansonsten bleibt die Bühne nackt!
Danke Herr Matschke! Sie sind ein verkanntes Genie!
Nichts passt besser zum Stück, als das!
Georg strahlt.
Seit seinem letzten Auftritt als nackter Faust ist er ...
... vom Schauspiel zum Regiefach gewechselt und inzwischen mit Dagmar verheiratet. Sie war wohl die erste und wahrscheinlich auch die einzige nackte Frau, die er live und splitternackt berührt hat.
Er hat ihr sofort danach einen Heiratsantrag gemacht. Dagmar hat Ja gesagt.
Von ihrem Polterabend weiß ich nur noch, daß ich rattennackig, Bier übergossen, konfettibeklebt und total blau im Taxi nach Hause gebracht worden bin, mehr nicht!
Nur am Morgen habe ich mich über ein komisches Mittengefühl gewundert.
Da steckte immer noch die Papier-Tröte drin, die Werner in meiner Muschi
unbedingt zum Tönen bringen wollte. Na ja!
Dagmar liebt Georg wirklich, aber sie kann es sich auch nicht verkneifen,
ab und zu in der Fledermaus, unserer Studentenkneipe,
eine supergeile nackte Solonummer auf der Bühne abzuziehen.
Oh lala! Danach ist sie richtig süchtig und stolz wie Napoleon.
Sie ist ja auch wirklich süß und knackig und sie genießt den Applaus wie eine Droge.
Georg kommt da niemals hin. Ist wohl auch besser so!
HS: Kostüme? Warte auf Vorschläge!
Charlie sagt zaghaft: Waren die nicht damals alle nackt, in Griechenland,
und die Götter sowieso? Habe nie von einem Gott der Schneider gehört?
HS: Nee, Charlie, leider nicht! Sonst gäbe es so manche griechische Legende nicht!
Die hatten schon alle irgendeinen Lappen um den Leib!
Apropos Lappen: Was habt ihr denn so im Fundus?
Jede Menge alte Fetzen! sagt Einer.
HS: Dann wollen wir doch mal ...