Das Ministerium für Bürgerglück
Datum: 01.10.2020,
Kategorien:
CMNF
Autor: Luftikus
... und tauchten die Halle in die Atmosphäre eines sommerlichen Nachmittags. „Und Bürgerin, wie gefällt Dir unser Atrium?“ Die Frau nickte gehorsam, doch das flaue Gefühl in ihrem Magen konnte auch dieser wundervolle Anblick nicht abmildern. „Komm, wir gehen in mein Büro.“ Die Administratorin führte die Frau über eine Treppe zu der Etage, auf der sich ihr Büro befand.
Dem geräumigen Büro der Administratorin fehlte jede offizielle Strenge. Es war sparsam eingerichtet. Eine ausladende Sitzgruppe aus weinroten Polster dominierte als eine große geschwungene Dreiviertelrundung die Mitte des Raumes und verlieh so den pastellfarbenen Wänden den nötigen bunten Tupfer. Einen Schreibtisch oder Aktenschränke gab es nicht. An der Wand stand ein kleiner Halbschrank aus Buchenholz, der in eine gläserne Anrichte überging.
„Komm setzt Dich.“ Die Frau sank tief in das gemütliche Polster. „Möchtest Du etwas trinken?“ Die Frau schüttelte schüchtern den Kopf. Die Administratorin setzte sich an das andere Ende der Sitzgruppe, so, dass sie der Frau gegenüber saß. Lächelnd abwartend blickte Tamila auf die Frau, die nicht wusste, wie sie reagieren sollte. „Ach Bürgerin, Du machst uns Sorgen.“ Die Frau spürte ihren explodierenden Blutdruck als unangenehmes Hämmern in ihrer Stirn. War jetzt der Moment gekommen, an dem sie aus ihrer gesellschaftlichen Existenz herausstürzte?
„Aber mir war doch nur die Tür zugefallen“, schluchzte sie leise. Die Administratorin sah sie lange und tiefgründig an. ...
... „War es wirklich so, Bürgerin?“, fragte sie mit einer ruhigen gelassenen Stimme. Die Frau nickte verlegen. „Bürgerin, Du musst mehr Vertrauen zu uns haben“, die Administratorin machte eine kurze Pause, „willst Du mir nicht sagen, wie es wirklich war?“ Die Frau verdrehte eingeschüchtert die Füße. Als Tamila einige Zeit vergebens auf eine Antwort gewartet hatte, berührte sie mit einer leichten Bewegung ein kleines graues Quadrat auf dem Ärmel ihres Jacketts.
Zwischen ihr und der Frau stieg ein schummriger Nebel auf, in dem sich bunte Schlieren langsam zu einer holografischen Darstellung formten. Die dreidimensionale Videosequenz zeigte, wie die Frau nackt im Hotelgang stand, sich zwischen die Beine griff und zu zucken begann. „Machen Sie das aus“, schrie sie panisch und hielt sich die Hände vor die Augen, um nicht den Moment ansehen zu müssen, in dem der fremde Mann vor sie trat. „Bitte machen Sie es aus“, flehte sie verzweifelt und begann zu weinen. Sie fühlte sich unendlich gedemütigt.
Das Hologramm erlosch. Tamila setzte sich zu der Frau und nahm sie in den Arm. „Bürgerin, das ist nichts, wofür Du Dich schämen müsstest. Wir alle suchen unser Glück auf den verschiedensten Wegen.“ Die Administratorin drückte die Frau an sich. „Ich möchte, dass Du den Mut hast, Dir gegenüber Deine Suche nach Deinem Glück offen einzugestehen.“ Die Frau lag noch eine Zeit lang in Tamilas Armen, dann beruhigte sie sich. Die Administratorin brachte ihr eine Tasse Kaffee, die sie dankbar ...