Ulrichs erster Kuss kam von Thomas
Datum: 03.03.2021,
Kategorien:
Transen
Autor: byGesa
Erinnerungen an ein sehr verrücktes Jahr in den Siebzigern, als vieles noch Tabu war, aber gleichzeitig in der Gesellschaft alles im Fluss war.
Ulrichs erster Kuss kam von Thomas
Einzug
Ich war stolz wie selten zuvor. Endlich hatte ich es im Januar geschafft. Ich hatte meine eigene Wohnung, jedenfalls nicht mehr das Zimmer bei meinem Vater in dessen Wohnung. Eigene Wohnung traf es nicht ganz, denn es war eine Wohngemeinschaft. Ich hatte endlich einen Studienplatz in Hamburg ergattert. Mein bester Freund Thomas aus dem Gymnasium für Jungen an der Nordseeküste in Schleswig-Holstein hatte das ebenfalls geschafft. Es war zu weit, um täglich zu pendeln. Was lag also näher, als eine WG zu gründen -- wobei der Zeitpunkt nicht ideal war. Egal, es war geschafft. Ich befestigte das Schild an der Haustür ‚Thomas und Ulrich' mit zwei Schrauben.
Die Dachwohnung war klein, aber sehr günstig. Sie hatte schräge Wände und nur eine Ofenheizung Dazu war das Klo nicht in der Wohnung selber, sondern gegenüber der Wohnungseingangstür. Es gab keine Dusche oder Bad, sondern nur in der Wohnküche ein großes Waschbecken. Es existierten zwei kleine, nebeneinander liegende Zimmer mit Dachschräge -- und einen winzigen Raum zwischen den beiden Zimmern, den Thomas und ich stolz als Wohnzimmer bezeichneten. Ein Wohnzimmer von noch nicht einmal zwei Metern Breite und rund drei Metern Länge und zwei Türöffnungen zu seinem und meinem Zimmer, die mit Vorhängen bestückt waren. Mein Zimmer war ...
... nicht viel grösser -- und hatte noch den Durchgang zur Wohnküche. Es war alles andere als komfortabel, aber es war mein eigenes Zimmer. Thomas hatte nur die eine Tür, musste aber von der Haustür aus durch alle Räume hindurch gehen, bis er zu seinem Zimmer kam.
Tom war in einigen Punkten das genaue Gegenteil von mir. Er war groß, sportlich und hatte einen athletischen Körperbau. Er hatte Augen wie ein Adler und dunkelgrüne Augen. Er war kommunikativ und dunkelhaarig mit einem schon stark ausgeprägten Bart. Er hatte eine tiefe Stimme und sprach langsam.
Ich war klein, unsportlich und hatte eher noch Babyspeck, womit er mich mitunter neckte. Ich war eher zurückhaltend und brauchte mich mit meinen sehr hellen blonden Haaren noch nicht einmal zu rasieren. Ich war stark kurzsichtig, ergo Brillenträger und hatte meerblaue Augen. Meine Stimme war eher hoch, wegen meiner fehlenden Wachstumshormone -- angeblich.
Die Gemeinsamkeit mit ihm lag in der Liebe zu den Naturwissenschaften und am Spaß beim Wassersport sowie bei Brettspielen von Schach bis zu Mensch-ärger-dich-nicht. Die Freundschaft mit ihm stammte aus der Zeit der Schach-Arbeitsgemeinschaft und des Ruderns an der Schule. Ich war gut in Chemie, Biologie und sehr gut in Französisch. Das mit der Fremdsprache war nicht mein Verdienst, ich hatte mit meinen Eltern die ersten Lebensjahre bis zur zweiten Klasse in Frankreich verbracht -- und wir wären vermutlich noch immer da, wenn meine französische Mutter nicht die Scheidung ...