Prinzessin Lea und der Zauberspiegel
Datum: 02.05.2021,
Kategorien:
Humor
Autor: Prinzessin__Lea
... und zog sich bis tief ins Mark. Mir standen buchstäblich die Haare zu Berge, als ich keuchend von meiner Liegestatt aufsprang. Es war noch dunkel und ich fuhr mir durchs Haar, warf den Samtumhang über, huschte schnell und lautlos in mein Laboratorium und sah mich um. Das Licht einer einsamen Kerze tauchte den Raum in gespenstisches Zwielicht. Ich trat vorsichtig näher. Nicht, dass hier ein böser Geist in meinen Gefilden unterwegs war…
Ich versuchte jeden mir bekannten Enthüllungszauber, aber konnte keine fremde Präsenz entdecken. Also hatte die Anwesenheit des Leuchters eine natürlichere Ursache. Aber wer würde so dumm sein, sich des Nachts hierher zu wagen?
Ich schloss kurz die Augen und konzentrierte mich. Etwas war anders als zu dem Zeitpunkt, als ich zur Ruhe gegangen war. Ich schärfte meinen Blick und schaute in die Runde. Da, der Spiegel! Ich war ganz sicher, dass ich ihn nach dem Besuch der Prinzessin wieder abgedeckt hatte. Jetzt war das Tuch erneut fortgezogen. Seltsam! Und direkt davor lag noch etwas auf dem Boden. Ich eilte hin. Es war ein Gewand, noch körperwarm. Ich brauchte nicht zu raten, wem es gehörte. Trotzdem hob ich den teuren, dünnen Stoff zur Nase und schnupperte daran. Lea, ganz eindeutig. Dieser unvergleichliche Duft aus Mädchenschweiß, Lavendel, Knoblauch und Moschus - ich würde ihn überall wiedererkennen.
Ich brauchte nicht lange zu überlegen, was geschehen sein musste. Dieser neugierige, kleine Wildfang war durch den Spiegel gegangen. ...
... Vielleicht hätte ich sie deutlicher warnen sollen - oder einen Verhüllungszauber über diesen vermaledeiten Spiegel legen.
Gar nicht auszudenken, was mir der König antun würde, wenn er erführe, was dank meiner Mutmaßungen seine einzige Tochter und Thronfolgerin getan haben mochte. Der war glatt imstande, mich…
Unbehaglich fasste ich um meinen sehnigen Hals, wie um mich zu vergewissern, dass er noch meinen Kopf mit dem Körper verband.
Ich traf flink ein paar Vorbereitungen, schrieb ein paar erklärende Zeilen an den König, dann ließ ich meinen Samtumhang zu Boden rutschen. Ich fasste mit kräftigem Griff den Rahmen und schob meinen Kopf durch das Glas. Die schon bekannte Kälte legte sich wie eine Maske auf mein Gesicht. Vermaledeit, ich konnte nichts erkennen! Immer weiter schob ich meinen Kopf vor. Je weiter ich vorrückte, desto stärker legte sich ein Sog auf jene Stellen, die in den Spiegel ragten. Nur mit Mühe konnte ich dagegen ankämpfen. Als ich mein Gesicht daraufhin mit einem Ruck zurückriss, fühlte es sich seltsam an.
Unbegreiflicherweise war es plötzlich taghell im Raum. Ein paar Wachen mit auf mich gerichteten Hellebarden standen im Halbkreis um mich und einer der Bewaffneten polterte aus dem Raum. Bestimmt gab er dem König Bescheid, dass sein Hofzauberer wieder vollständig anwesend war. Die anderen starrten mich derweil mit angstvoll geweiteten Augen an. Ich betrachtete seufzend im Spiegel die hoch aufragende, schlanke Gestalt mit dem Lausbubengesicht unter ...