1. Blutrache Teil 01


    Datum: 28.08.2021, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie Autor: byKojote

    ... ihre Wut beherrschten, seitdem in der Nacht der unverkennbare Schein der Flammen in der Ferne aufgetaucht war.
    
    Und niemand wollte nahe sein, wenn ihr fürchterlicher Zorn ausbrach.
    
    Festen Schrittes stapfte Bjorn durch den hellen Sand und nur der eiserne Griff am Schaft seiner Waffe bezeugte seine Anspannung. Vigulf hingegen machte sich nicht so viel Mühe, seine Gereiztheit zu verbergen. Sein Gesicht - entgegen den Bräuchen seines Volkes nur von einem sorgsam gestutzten Bart bedeckt - war umwölkt und ein Strom leiser Flüche verließ unablässig seine Lippen.
    
    Seine Zwillingsschwester auf der anderen Seite schien ihren Unmut hingegen perfekt zu beherrschen. Nur wer sie sehr gut kannte, mochte die Anspannung um ihre Augen sehen und ihre eisige Ruhe zu fürchten wissen, denn in ihrem Fall war dies der Vorbote ihres Zorns.
    
    „Deine Flüche machen es auch nicht besser", schnappte sie schließlich in Richtung ihres Bruders.
    
    „Für mich schon", grollte der zurück.
    
    „Wirklich?", erwiderte sie spitz. „Kühlt es seit Neuestem dein Blut, wenn du wie ein Waschweib keifst, statt deine Klauen in den Hals von denen zu schlagen, die für dies verantwortlich sind?"
    
    Wütend fuhr Vigulf herum, bereit seine Schwester anzubrüllen. Doch Bjorns donnernde Stimme ließ ihn innehalten.
    
    „Hört mit der Streiterei auf!", polterte ihr Anführer. „Spart euch eure Wut auf..."
    
    Er musste nicht sagen, wofür, denn das stand außer Frage.
    
    Die Angreifer hatten es gewagt, die Familien der Kartaren zu ...
    ... überfallen, während diese auf See waren. Damit war ihre Ehrlosigkeit erwiesen. Einem jeden von ihnen stand das gleiche Schicksal bevor: Der Tod eines Feiglings.
    
    Wann immer es möglich war, würden sie nicht im Kampf sterben, sondern unter Schmerzen. Erst wenn sie wimmerten wie verängstigte Kinder, würde ihre Bestrafung wirklich beginnen. Und am Ende würden ihre Seelen keine Erlösung im Tod finden, denn keine Erinnerungen an etwas anderes als Schmerz würden sie ins Reich der Toten begleiten.
    
    Still betraten die drei Krieger das Dorf durch eine Bresche in der Palisade.
    
    „Kriegsmaschine", vermutete Skjala mit einem Blick auf die Art, wie die Stämme gebrochen waren. „Wahrscheinlich am Bug ihres Schiffes."
    
    Bjorn hörte ihre Worte, aber für den Moment konnte er ihre Bedeutung nicht erfassen. Seine Augen waren auf den Versammlungsplatz gerichtet, der einmal von den Langhäusern umgeben die Mitte der Siedlung markiert hatte.
    
    Wie ein fester Schritt in frisch gefallenem Schnee klang das Mahlen seiner Zähne.
    
    Die Kartaren waren als Barbaren bekannt und ihre Überfälle waren ein Schrecken für die Bewohner der Küste. Vor allem das nördliche Menschenkönigreich La'Han litt unter ihnen. Aber auch andere Ufer waren keineswegs sicher, denn die Drachenschiffe segelten überall hin.
    
    Doch aus ihrer eigenen Sicht - die gewiss geprägt war von ihrer rauen, tödlichen Heimat - waren sie keine Schlächter. Sie gewährten denen, die sich zu kämpfen entschlossen, den Tod eines Kriegers und sie ...
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