Das Haus am See
Datum: 13.10.2021,
Kategorien:
Romantisch
Autor: Freudenspender
... Schlussendlich haben sie mich damit erpresst, mich zu verstoßen und zu enterben, sollte ich mich nicht umgehend von ihm trennen.
Ich weiß nicht, wie du in der Pubertät warst, ich war stur und glaubte alles besser zu wissen. Als sie mich vor die Wahl gestellt haben, ihn oder sie, da habe ich wohl auch ein wenig zum Trotz mich für den Mann entschieden."
Zoe schaut mir die ganze Zeit sehr ernst direkt in die Augen. Ich sehe ihr deutlich an, wie schwer es ihr fällt, von dieser Geschichte zu erzählen. Ihre Augen sind feucht und die Traurigkeit in ihrer Stimme zerreißt mir fast das Herz.
Sie schaut nachdenklich auf die Sonne, weit draußen am Horizont langsam in den See taucht. Ihre grenzenlose Traurigkeit und die unglaublich romantische Stimmung des Sonnenuntergangs passen so ganz und gar nicht zusammen. Doch gerade dieser Gegensatz bringt den ungeheuren Schmerz in ihrer Seele noch viel besser zum Ausdruck.
"Ich habe das noch niemandem erzählt. Entschuldige, aber es ist wirklich nicht einfach für mich", erklärt sie abwesend. Ich habe den Eindruck, sie sagt es mehr zu sich selbst als zu mir.
Ich kann ihren Schmerz und ihre Trauer fast körperlich spüren. Wie gerne würde ich sie jetzt in den Arm nehmen und ganz fest an mich drücken. Ich bin mir gleichzeitig bewusst, dass das Vertrauen, das sie mir durch die Erzählung ihrer Geschichte schenkt, etwas ganz Besonderes, etwas Einmaliges ist. Ich bin mir der großen Ehre bewusst.
In dem Moment kommt der Kellner und Zoe ...
... versucht ihm gegenüber ihre Tränen zu verbergen. Sie schaut in die andere Richtung, hinaus auf den See. Der Kellner bringt uns einen Teller, auf dem auf einem Pizzateig eine ganze Menge gegrillter Fisch und Meerestiere auftürmen sind. Es sieht unglaublich lecker aus, aber ich zweifle ehrlich daran, dass wir das alles aufessen können. Es ist eine echt große Portion.
"Das sieht aber lecker aus", meint Zoe. Sie prostet mir mit dem Glas Weißwein zu. "Mahlzeit!"
Sie hat sich offenbar wieder gefangen und ist wieder etwas gelöster. Während des Essens wechseln wir das Thema. Wir reden eigentlich mehr über belanglose Themen.
"Was machst du von Beruf?", will sie zum Beispiel wissen.
"Ich bin Arzt. Aber im Augenblick pausiere ich ein paar Wochen. Ich habe, wie schon gesagt, von einem Onkel eine schöne Summe Bargeld geerbt und musste deshalb einige Dinge regeln und in Ordnung bringen. Ich hatte das nötige Geld und die Zeit, mich für dein Haus zu interessieren", antworte ich ehrlich.
"Was für ein Arzt?", will sie wissen.
"Orthopäde."
"Und wo?"
"Ich lebe in München und habe dort auch bis vor kurzem gearbeitet. Ich bin nicht sicher, ob ich nach München zurück will. Im Augenblick überlege ich, ob ich nicht etliche Tage hier in der Gegend bleibe. Es gefällt mir hier", gebe ich ihr bereitwillig Auskunft. Ich bin mir aber auch bewusst, dass mir nicht nur die Gegend, sondern vor allem Zoe gefällt.
"Wo wohnst du hier?", will sie wissen. Sie trifft damit einen wunden Punkt, ...