1. Wenn die Nachtigall erwacht 07


    Datum: 11.08.2018, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie Autor: by_Faith_

    ... und beugte den Oberkörper fürsorglich nach vorne. Der Schatten bewegte sich auf sie zu und Sven erkannte die menschlichen Umrisse eines durchtrainierten Mannes, der sich, wie ein scheues, aber zugleich neugieriges Tier, aus seinem Versteck wagte.
    
    »Zeige Dich mir, hier im Licht!«, sagte Miriam freundlich aber bestimmend, und das Wesen näherte sich der Grenze des Walds. Es streckte seine Hand aus. Kurz bevor das Wesen Miriams ausgestreckten Arm erreichen konnte, zuckte seine Hand erschrocken zurück. Der Klang von splitternden Ästen und zerberstenden Stämmen drang aus dem Dunkel des Walds.
    
    »Was ist das?«, fragte Sven.
    
    »Bleib hinter mir!«, sagte Miriam zu Sven, als sie die mächtigen Tentakel im Dickicht des dunklen Walds erkannte.
    
    Der rote Cerebrat zeigte die Ausläufer seiner Fangarme. Er peitschte damit über den Waldboden wie ein Suchender und fand das dunkle Wesen, das sich eben an die Grenze des Walds gewagt hatte. Sven blickte ängstlich zu Miriam. Die Blaue Königin erholte sich vom ersten Schreck und in ihrer Mimik erwachte eine kampfesmutige Entschlossenheit. Sie machte einen beherzten Satz in das Unterholz und versuchte, dem dunklen Wesen bei seinem Kampf gegen die hektisch um sich schlagenden Tentakel zu helfen. Eine Ranke schlang sich um den Brustkorb des Wesens und versuchte, es tiefer in den Wald zu ziehen. Miriam fasste das Wesen an den Händen und gab ihm Halt.
    
    »Lass mich los, ich bin verloren. Achte darauf, dass T'rion der II. dich nicht in seine ...
    ... Fänge bekommt, sonst ist alle Hoffnung verloren«, sagte das Wesen.
    
    Miriam wollte das Wesen nicht einfach seinem Schicksal überlassen, aber sie war zu schwach gegen die brutale Macht des Tentakels. Erst als sie einen Schwarm weiterer Tentakel auf sich zustürmen sah, ließ sie das Wesen los, stieß sich kraftvoll vom Boden ab und machte einen Luftsprung, der sie aus dem Unterholz zurück auf die Lichtung beförderte. Svens Wahrnehmung war durch die Vielzahl der Eindrücke gelähmt. Er sah die Gefahr nicht und wurde von einem wuchtigen Schlag getroffen, der ihm das Bewusstsein nahm.
    
    ***
    
    Sven riss die Augen erschrocken auf und sah Miriams verängstigtes Gesicht im fahlen Licht der aufgehenden Sonne. Er lag eng an sie gepresst im Kokon. Die kahlen Wände des Raums in Miriams weltlicher Unterkunft empfand er als beruhigend. Die Tatsache, dass sein Schwanz immer noch tief in seiner Geliebten steckte, wurde zur Nebensache. Der Schlag auf seinen Kopf war die letzte Erinnerung an den anfänglich sehr erregenden Ausflug in die Anderswelt. Er befühlte seine Schläfe, da, wo ihn der Tentakel getroffen hatte. Die Haut war schweißfeucht, aber unverletzt, lediglich die Illusion eines Schmerzes hallte noch nach.
    
    »Was war das?«, fragte Sven.
    
    »Wer war das, trifft es besser«, sagte Miriam und schaute an die Decke. Die Blüten von V'nyx dem IV. schauten sie aufmerksam an. Miriam befreite ihre Hand aus dem Kokon und streichelte über den Stamm.
    
    »Hast Du schon einmal etwas von T'rion dem II. ...
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