Merlins Kinder 05: Langeweile
Datum: 29.07.2022,
Kategorien:
Sci-Fi & Phantasie
Autor: byPhiroEpsilon
... Wechselwirkung zusammenfasste. Eine einzige elegante und — für die Verhältnisse in der theoretischen Physik simple — Formel. Jeder Physiker, der sie sah, vergrub sein Gesicht vor Scham in den Händen. Sie war so einfach, dass ein Kind in der Lage gewesen wäre, sie zu verstehen.
Und natürlich mindestens einen Nobelpreis wert. Doch der Autor war anonym. In einem Nachwort hatte er geschrieben, dass diese Formel der ganzen Welt gehören sollte und er nicht die Lorbeeren dafür einstecken wollte.
Was jedoch — zumindest für mich — am verblüffendsten war, war die Tatsache, dass man nur die richtigen Variablen in die Formel einsetzen musste, um jeden beliebigen Zauber zu vollführen. Patrizia hatte auf Zuruf einen kleinen Feuerball in ihrer Hand erscheinen lassen. "Plasma", hatte sie gesagt, "ist ganz einfach. Elektronen abziehen und zurück bleibt ionisierte Luft. Achtzig Prozent Stickstoff — grüne Farbe wie in den Polarlichtern. Das hier —" Sie bewegte ihre andere Hand mitten durch den Gasball. "—ist kaltes Leuchten. Dazu braucht man aber eine perfekte Kontrolle. In der Regel wird auch eine Menge Hitze erzeugt."
"Und", hörte ich ihre Stimme, "starrst du mal wieder in den Himmel."
"Achtzig Prozent Stickstoff", sagte ich nachdenklich. "Das wäre eine Menge Dünger für die Landwirtschaft."
"Ammoniak wird zu Ammonium und das im Boden zu Nitrat. Ja. Eine ganz einfache Reaktion auch ohne Magie."
Ich schlug die Augen auf. "Ich bin ganz erschlagen von all dem Neuen."
"Bleib ...
... ruhig liegen. Es wird schon keiner auf dich—"
"Patty!", rief eine Frauenstimme.
Patrizia blickte hoch. Ihre Augen strahlten. "Euphoria!" Sie stand auf. "Wie geht es dir."
Eine andere junge Frau kam herbeigerannt und warf sich in Patrizias Arme. Sie sah seltsam aus — ihre Augen waren komplett schwarz und schimmerten silbrig. War das die neue Mode bei Kontaktlinsen?
Die beiden umarmten und küssten sich. Sie —küssten sich. Es war, als wollten sie sich gegenseitig verschlingen. Ihre Hände streichelten über den Rücken der jeweils anderen und ihre Unterkörper drückten sich gegeneinander.
Nun ja. Ich komme zwar ziemlich genau vom Ende der Welt, doch Paris war ja schließlich die Welthauptstadt der Liebe. Lesbische Pärchen gab es dort wie Sand am Meer. Ich lächelte in mich hinein.
Im ersten Semester war ich natürlich eine Attraktion gewesen. Ich war schwarz; die Narben in meinem Gesicht machten mich für die Mädchen in meinem Alter eher noch interessanter — was ich mit ständigen Kopfschmerzen bezahlte.
Erst als ich es geschafft hatte, jede meiner Kommilitoninnen abblitzen zu lassen, hatte ich Ruhe. Damit änderte sich allerdings nur mein Status von "der sexy schwarze Kerl" zu "der sexy schwarze Kerl, der keine Mädchen mag" und von da unweigerlich zu "der sexy schwarze Kerl, der ganz bestimmt schwul ist." Was ich natürlich nicht war, doch im zweiten Semester versuchte eine Menge Jungs bei mir zu landen.
Meine Rettung waren Marie und Jeannette. Die beiden waren fest ...