1. Anita und wir Episode 06.2


    Datum: 01.09.2018, Kategorien: Transen Autor: byPhiroEpsilon

    ... sein. Und wahrscheinlich war es das auch —
    
    nicht
    
    wahr. Keiner der Menschen, die behauptet hatten, meine Freunde zu sein, hatte das lange durchgehalten.
    
    Frank
    
    "Ja, Anita", sagte ich zu dem Gesicht auf dem Display. "Eine junge Frau, die eigentlich ein junger Mann ist. Körperlich."
    
    "Und die sich umbringen wollte?"
    
    "Ziemlich sicher."
    
    "Ich kenne ein paar Fälle. Das kann aber nicht die einzige Ursache sein. Weißt du, es mag hart klingen, aber wenn sie sich nicht zuerst den Penis hat abnehmen lassen oder ihn selbst verstümmelt hat ..."
    
    "Nichts davon zu sehen. Keine Narben."
    
    "Dann ist ihr Hass auf sich selbst größer als ihr Hass auf den Penis."
    
    "Und was können wir tun?"
    
    "Alles und nichts."
    
    "Psychobabbel?"
    
    Sie lachte auf. "Lisa braucht eine Therapie. Da könnt ihr Amateurpsychologen nichts machen. Aber sie braucht auch Freunde, mit denen sie Bindungen aufbauen kann, und von denen sie nicht enttäuscht wird. Hat sie eine Familie?"
    
    "Sie sagt nein."
    
    "Kann stimmen, muss aber nicht. Sie kann ihr Anderssein auf ihre Eltern projiziert haben. Jedes Wort kann ein Angriff sein, wenn man drauf wartet."
    
    "Okay, habe ich verstanden. Sie braucht was? Eine Familie? Echte Freunde?"
    
    "Letzteres. Leute, die sie nicht im Stich lassen. Frank!" Ihr Gesicht auf dem Display wurde ernst. "Das darf keine Urlaubsliebe sein. Wenn ihr sie jetzt an euch bindet, dann müsst ihr sie nach Hause mitnehmen."
    
    "Kathi ist bestimmt begeistert, eine große Schwester zu ...
    ... haben."
    
    Sie lachte. "Ich würde diese Kathi gerne mal kennenlernen. Sie ist wohl ein echter Engel."
    
    "Bengel trifft es eher", brummte ich. "Ich hätte ihr gerne in den letzten Wochen gelegentlich den Hintern versohlt, wenn ich nicht hätte befürchten müssen, dass sie das als Vorspiel ansieht."
    
    Anita gluckste in sich hinein. "Ach ja, Kinder können schon anstrengend sein."
    
    "Wem sagst du das?"
    
    "Dem jungen Kerl, der sich womöglich um zwei Adoptivkinder kümmern muss, die zu alt sind, um seine eigenen sein zu können. Der eigentlich fast selbst noch ein Kind ist. Emotional, nicht körperlich."
    
    Ich holte Luft. "Scheiße ja. Also hast du irgendwelche praktischen Ratschläge?"
    
    "Versuch rauszukriegen, wo ihre Stärken liegen. Ist sie künstlerisch veranlagt? Wissenschaftlich oder eher praktisch? Finde raus, was für eine Ausbildung sie hat, wovon sie lebt."
    
    "Sozialhilfe", sagte ich. Mir war inzwischen wieder eingefallen, was für ein Ausweis das war, den ich in ihrem Rucksack gesehen hatte.
    
    "Nicht gut. Vielleicht können wir euch ja unter die Arme greifen."
    
    "Wie meinst du das denn?"
    
    "Thomas wollte sowieso irgendeine Stiftung gründen. Wir haben in den letzten zwei Jahren so viel Geld verdient, wir wissen gar nicht wohin damit."
    
    "Ja, ja", sagte ich mitfühlend "Die böse, böse Steuer."
    
    Sie grinste mich frech an. "Ich helfe lieber damit jemandem wie Lisa, als Löcher im Bundeshaushalt zu stopfen."
    
    "Das sollte aber die letzte Ausflucht sein, denke ich."
    
    "Denke ich ...
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