Krieg und Liebe: Henschels Rückkehr
Datum: 21.05.2024,
Kategorien:
Romantisch
Autor: JoeMo619
... und nationalistische Gruppierungen andererseits versuchten auf der Straße für ihre jeweiligen politischen Ziele Druck auf die neue, demokratische Reichsregierung auszuüben. Dazu kamen heftige, häufige gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen den politischen Flügeln, denen die Polizei vergleichsweise hilflos gegenüber stand. In dieser Atmosphäre versuchte ich mit zunehmender Verzweiflung eine Lösung für meine Geliebte und unseren gemeinsamen Sohn zu finden. Der deutsche Amtsschimmel bewegte sich langsam und im Kreis, gefangen in einem bürokratisch unübersichtlichen Dschungel.
"Alle Rechtsvorschriften für ehemalige Bürger der deutschen Kolonien sind auf weiße, deutsche Staatsbürger ausgerichtet", beschied mir hilflos die Achsel zuckend ein Beamter im Reichsinnenministerium, der formal für Familienzusammenführungen nach dem Verlust der deutschen Kolonien zuständig war. Der Friedensvertrag von Versailles, der von vielen Deutschen als schmähliches Friedensdiktat empfunden wurde und in der Republik für zusätzlichen politischen Zündstoff sorgte, hatte den endgültigen Verlust aller deutschen Kolonien besiegelt. Deutsch-Ostafrika war im Wesentlichen Großbritannien zur Verwaltung zugeschlagen worden, im Nordwesten hatte Belgisch-Kongo sein Terrain um Ruanda und Burundi erweitert und das im Krieg lange neutrale Portugal hatte seine Kolonie auf südliche Grenzbereiche Tanganjikas ausgedehnt. "Ihr Problem, Herr Henschel", hatte der Ministerialbeamte hinzugefügt, "ist die Tatsache, ...
... dass Sie Ihre afrikanische Partnerin nicht geehelicht haben und der gemeinsame Sohn, von dem Sie mir berichtet haben, keine ordentliche Geburtsurkunde besitzt. Ich weiß nicht, auf welcher Rechtsgrundlage wir für diese Afrikanerin mit ihrem Sohn ein Einreisevisum und eine Aufenthaltsgenehmigung ausstellen sollen." Er lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück und breitete seine Hände verlegen auseinander. "Sie haben ja selbst in der Schutztruppe einige Jahre gekämpft. Dann wissen Sie, dass wir selbst Ihre treuen Askaris nicht nach Deutschland reisen lassen, obwohl Ihr ehemaliger Oberkommandierende General von Lettow-Vorbeck in dieser Angelegenheit einen riesigen politischen Wirbel veranstaltet."
Deprimiert von meiner Erfolgslosigkeit schrieb ich Briefe an Una, der ich trotzdem versuchte, Mut zu machen und an Muhammad Ali, damit dieser meiner Geliebten und meinem Sohn weiter Schutz und Versorgung gewährleistete. In dem Brief an meinen arabischen Freund schilderte ich aber nach langer Überlegung die bürokratischen Probleme und meine Hoffnungslosigkeit ohne Zurückhaltung.
Una hatte bereits zwei Briefe nach Berlin geschrieben, in denen sie ihren unerschütterlichen Glauben an eine gemeinsame Zukunft deutlich gemacht hatte und damit mir viel Mut gab, meine Bemühungen fortzusetzen. "Bitte gebe nicht auf, mein geliebter Mann", hatte sie klar und deutlich geschrieben. "Ich will jeden Weg gehen, damit unser Sohn mit seinem Vater gemeinsam heranwächst." Ich stellte beim Studium ...