Verhext 01
Datum: 30.11.2018,
Kategorien:
Sci-Fi & Phantasie
Autor: byspkfantasy
... Geliebte für ihn war sie nicht -- und er wollte beides. Ihr schwarzes Haar war schlicht in einem Bubikopf frisiert. Die dritte namens Fräulein Pillinger hatte er zunächst allein schon wegen ihrer anfänglichen Einsilbigkeit und zurückhaltenden Art gemocht. Sie war keine von denen, die man auf dem Laufsteg einer Modeschau sehen würde. Sie hatte einige Pfunde zu viel an Bord. Sie wirkte trotzdem auf ihn sehr anziehend mit ihrem Lächeln unter dem kurzen Haarschnitt, aber leider konnte auch sie kein Spanisch.
Die zweiunddreißigjährige, stattlich elegante Frau, die sich nach Frau Sonnenschein ruhig als Fräulein Maria Elisabeth Krone vorstellte, fand er genauso bewundernswert wie einst seine Mutter. Sie hatte ein simples graues Kleid an, dessen Schnitt aber elegant war. Sie sah mit ihren blonden, streng gebundenen Haaren auch ziemlich ähnlich wie seine Mutter aus, als er ein Teenager gewesen war. Es war inzwischen schon 18 Jahre her, aber ihr damaliges Bild konnte er einfach nicht vergessen, weil sie in 1944 bei einem der letzten Bombenangriffe in Hamburg-Harburg gestorben war.
Sie war ihm einerseits sympathisch und andererseits zu selbstbewusst. Sie erschien ihm zu groß und zu walkürenhaft, um für viele Männer attraktiv zu sein und sie strahlte auch ein solches Selbstbewusstsein aus, das viele Männer -- und auch ihn selber -- automatisch einschüchterte. Kleiner gewachsene Männer würden sich ihr nicht nähern und viele der großen autoritären Männer würden sie links liegen ...
... lassen, weil ihnen selbstbewusste Frauen nicht lagen. Sie war gleichzeitig geduldig und beharrlich genug, um ihn geschickt zu Sprechen zu bringen. Diese Frau war alles andere als die typische Haushälterin. Aber gerade deswegen faszinierte sie ihn sehr stark, bis ihm plötzlich der schockierende Gedanke kam, dass ihre Ähnlichkeit mit seiner Mutter daher stammen könnte, dass sie tatsächlich seine Mutter sein könnte, obwohl er wusste, dass sie im Keller des ausgebombten Hauses verbrannt war. Für einen Moment glaubte er, dass sie entgegen allem Anschein doch irgendwie überlebt hatte, dann begriff er, dass sie ja jetzt schon fünfzig Jahre alt sein müsste und Elisabeth von Hettlingen heißen müsste -- es konnte also trotz ihrer frappierenden Ähnlichkeit nicht sein.
Elisabeth ist erleichtert
Elisabeth war befreit, dass sie ihren ersten potentiellen Arbeitgeber nicht mehr für eine zweite Runde aufsuchen musste. Der ältliche Mann, der wohl gut zwanzig Jahre älter als sie selber war, ließ sie schon daran zweifeln, wie gut das Arbeitsamt war. Dieser beleibte Trottel konnte noch nicht einmal erklären, was er als Gehalt zahlen wollte. Er fand Kost und Logis zu bieten, sei ausreichend. Das ging gar nicht. Das ließ sie schon daran zweifeln, wie die Auswahl der Kandidaten erfolgt war. Sie war nach der ersten Runde desillusioniert. Der nächste Besuch war nicht besser gewesen. Sie hatte keinen Zweifel daran, dass dieser junge, schlaksige und grenzenlos verwöhnte Dandy aus einem reichen ...