Nahaufnahme.
Datum: 11.03.2019,
Kategorien:
Medien,
Autor: Anonym
... immer Einer gelinst und auch mal gewunken, - von drüben."
"Zeig mal, wo denn?"
Beide Mädchen gehen auf den Balkon, sehen nichts. Alle Häuser ringsum sind tot, wie ausgestorben.
"War wohl dann optische Täuschung, oder Wunschtraum. Lach."
"Nein, dem gehen wir jetzt nach. Ich glaube, der ist doch da, linst voyeurhaft hinter Gardinen. Leg Dich also mal wieder hier in die Sonne, natürlich oben ohne, sonst beißt er ja nicht an. Und ich lauere im Zimmer. Lu passt auch mit auf."
Doris zieht sich also das Oberteil aus, legt sich auf die Liege. Nichts geschieht. Britt von hinten fast flüsternd zu Doris: "Zieh mal den Slip auch aus, würde doch mit dem Teufel zugehen, wenn er nicht auftaucht, das kann doch sogar Tote zum Leben erwecken, ist schon passiert, las ich in der FAZ." Sie tut es, und siehe da, auf dem Balkon dort drüben erscheint, wie aus der Luft gegriffen, ein totenbleicher Gespensthafter mit grosser Brille, winkt mit lascher kalkweisser Hand herüber.
Lu von hinten: "Ob der echt ist?"
Evi: "Kommt auf den Versuch an."
"Wie denn versuchen, sag mal?"
"Doris muss langsam aufstehen, dass er auch alles gut sieht und ins Zimmer gehen, wetten, er ruft postwendend an.
Doris tut es. Im gleichen Augenblick klingelt ein Handy.
Britt: "Woher weiss er die Nummer?"
Doris geht nimmt das Handy, schaltet den Lautsprecher ein - eine heisere Uraltjahrhundertstimme dringt zu ihnen, - was sie genau sagt, geht in einem unheimlichen Rauschen unter. Dann nichts ...
... mehr, nur ein pulsierendes Summen. Die Mädchen schauen sich an, etwas ratlos. Lu gibt eine Runde aus. Was tun? Doris soll nochmal so auf den Balkon gehen, auch winken ...
Sie tut es. Der Gespenstische taucht auch sofort wieder auf, wieder klingelt das Handy, aber diesmal hören sie nur noch das Rauschen - wie schwere Ozeanwellen.
Nachdem sie in ihrer Verwirrung und Ratlosigkeit dem Wein gut zugesprochen haben, kommt Doris auf die Idee des Abends.
"Eine von uns muss rüber gehen zu ihm."
"Zwei sind besser, vielleicht ist er nicht ganz hier."
"Wo, oder was meinst Du denn, dass er ist?"
Lu antwortet nicht, zieht sich rasch was über, geht zur Tür.
Evi: "Ich komm mit, sicher ist sicher."
Auf der Strasse kein Mensch. Es wird schon dunkel. Sie warten bis ein Leichenwagen - von vier schwarzen Pferden gezogen -, vorüber ist, überqueren die Fahrbahn. Da, jetzt ragt es fast drohend vor ihnen auf: Das Haus gegenüber. Die Tür ist angelehnt, vermutlich aufgebrochen, scheint fast zersplittert. Ob sie sich hineintrauen sollen. Evi ist die Mutigere. Sie stemmt sich gegen das morsche Holz, das gleich nachgibt. Mit lautem Poltern fällt die schwere Tür ins Innere. Und dahinter ist nichts mehr, nur leere Luft und eine rudimentäre Treppe in die Schwärze, zum Teil ohne Stufen. Sie stehen in einem schon weitgehend entkernten Abbruchhaus. Und der Balkon oben - er hält sich wohl gerade noch, kurz vor dem endgültigen Absturz. Stehen und winken kann darauf gewiss keiner mehr, - es sei ...