1. Trio informale


    Datum: 26.03.2019, Kategorien: CMNF Autor: LaVie

    ... muss nur gegen einer Mauer rennen – verbal oder tatsächlich. Auch Schweigen ist gut – mit Schweigen kann man Menschen hilflos, ratlos und wütend machen und sich danach über ihre Wut aufregen usw.
    
    Dumm wird es, wenn man anfängt zu reden. Wirklich zu reden. Denn dann wacht man auf und stellt fest, dass man voller Fehler ist. Und der größte besteht darin zu glauben, dass alles gut wird, wenn man das aktuelle Problem löst. Ein Irrtum. Das Problem mit den Problemen ist: sie sind Platzhalter. Wie der Joker beim Kartenspiel. Der Stein ohne Punkte beim Domino. Oder das goldene Hütchen beim Hütchenspiel. Dort, wo ein Problem steht, kann keine Angst stehen. Das ist sehr praktisch – man kann Ängste durch Probleme ersetzen, dann wirken sie nicht mehr so groß und beherrschbar. Leider will ein Problem auch gelöst werden – und dann kommt die Angst zurück. Die Angst, verlassen zu werden. Nicht gut genug zu sein. Sich nicht ändern zu können. Und insgeheim hat man auch Angst vor dem anderen – jetzt, wo er einen nicht mehr mag, kann er einem alles antun. Aber warum sollte er? Warum sollte er einem schaden, wenn man nicht zusammen passt? Wenn die Natur mal einen Fehlgriff getan hat, das kann uns doch allen passieren?
    
    Wir sind nicht verantwortlich. Wir sind nicht besser als andere Lebewesen, weil wir Menschen sind. Es gibt Dinge, für die wir nichts können und an denen wir auch nichts ändern können. Wir können keine Menschen ändern und ihre Fehler ausbügeln. Wenn andere uns verletzen, ...
    ... können wir nichts tun, als es zu akzeptieren. Wir können versuchen, uns zu entschuldigen, wenn wir etwas falsch gemacht haben – aber ob derjenige unsere Entschuldigung annimmt, ist seine Sache. Wir müssen nicht auf andere aufpassen, weil sie das selbst können. Und niemand muss auf uns aufpassen. Weil wir das auch alleine können. Natürlich können wir.
    
    Als ich auf den Balkon trete, geht die Sonne auf. Der Saft fließt meine Beine hinab und ein leichter Hauch durchweht meine Härchen. Es ist kalt, aber das stört mich nicht. Wenn ich eine Erkältung bekomme, ist das mein Problem. Die anderen können meine Facebookmeldungen abstellen. ‚Nein, es ist nicht meine Schuld‘, denke ich, während ich die Arme auf dem Geländer abstütze. ‚Es ist nicht meine Schuld, wenn er mich verlässt. Und auch nicht seine. Ich habe eine Entscheidung getroffen, und er auch. Es wäre falsch gewesen, dem Gefühl nicht zu trauen und der Gewohnheit zu entsprechen. Sich an die Vergangenheit klammern, anstatt die eigene Meinung zu vertreten. Die Vergangenheit ist klug, aber sie hat nicht immer recht. Denn wir sind im Jetzt. Und jetzt ist es Zeit, wieder aufrecht zu gehen und nach vorne zu schreiten. Wenn er scheitert, kann ich nichts dafür. Und wenn ich scheitere, auch nichts. Aber ich muss auf mich aufpassen. Ich kann mich darauf verlassen, dass ich untergehe, wenn ich dem schlechten Gefühl nicht entgegen trete. Oder fliehe.
    
    Oder schlafe. Eine Nacht lang habe ich gedacht und gewartet, bis ich Frieden finde. Jetzt ...
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