Polyamorie 01
Datum: 01.05.2019,
Kategorien:
Romane und Kurzromane,
Autor: byBlackHatNCat
... meine Frau? Aber das kann doch nicht sein. Die wollten doch nur zu einem Festival fahren."
Mir drehte sich alles. Ich brauchte dringend frische Luft. Ich riss die Terrassentür auf. Am Türrahmen gelehnt, inhalierte ich die einströmende kühle Abendluft. Das half auch nicht viel. Ich hatte einen Kloß im Hals, das Gefühl, als hätte mir beim Kick-Boxen einer einen Tritt in den Magen verpasst.
„Entschuldigen sie mich einen Moment", bat ich den Polizisten. „Ich ziehe mich schnell an, bin gleich wieder da. Bitte warten Sie hier."
Ich eilte ins Schlafzimmer. Lena und Lisa saßen aufrecht im Bett und schauten mich mit großen, tränengefüllten Augen an.
„Ich muss mich anziehen", gab ich nur kurz an und schlüpfte in meine Jeans und den Pullover vom Vormittag. Erneut drehte ich mich noch mal um: „Bleibt jetzt bitte hier drin. Es ist etwas Schreckliches passiert. Wir reden hinterher darüber. Okay?" Beide nickten, fingen aber gleichzeitig an zu schluchzen. Offensichtlich hatten sie schon mitbekommen, was los war.
Ich ging wieder zum wartenden Polizisten ins Wohnzimmer zurück. Mir standen selber die Tränen in den Augen. Unterwegs musste ich mich mehrmals räuspern, mein Hals war wie zugeschnürt.
Der Polizist erklärte, dass Alex mit seinem Wagen in einen Benzin-LKW gefahren sei. Er konnte offensichtlich nicht rechtzeitig bremsen und fuhr auf ein Stauende auf. Der Sprit lief aus und fing Feuer. Alex, Tina und Sonja waren im Golf eingeklemmt. Sie konnten nicht mehr gerettet ...
... werden.
Der Polizist entschuldigte sich dafür, dass man mich erst jetzt informierte, aber man hatte anhand des Nummernschildes zunächst nur Alex' Adresse herausgefunden. Später, als man bei ihm zu Hause nachfragte, erklärte eine Nachbarin, dass er zu seinem Bruder nach Hannover gefahren sei. Dadurch waren sie erst auf mich gekommen.
„Gibt es noch weitere Verwandte, die informiert werden sollten?", wollte der Polizist wissen.
„Ja, seine Tochter. Sie ist hier bei mir und meiner Tochter geblieben", gab ich an.
„Brauchen Sie ärztlichen oder seelischen Beistand?", fragte er mehr pro forma nach.
„Äh ... ich glaube nein. Das kriege ich irgendwie schon hin."
Ich war nicht sehr religiös. Obwohl Sonja mich jedes Jahr zu Weihnachten in die Kirche schleifte, hatte ich keine Bindung zu unserem Pastor. Ob ich einen Arzt brauchte, wusste ich nicht. Mein Magen zog sich zwar zusammen, aber das war sicherlich kein Fall für den Arzt.
„Es ist bereits spät", setzte der Polizist an. „Ich will nicht weiter stören. Die weiteren Formalitäten können wir morgen oder am Montag klären. Kommen Sie einfach zu uns auf die Wache." Damit überreichte er mir eine Karte mit der Adresse. Er erhob sich, um zu gehen.
Langsam fing ich an zu begreifen. Das Atmen fiel mir schwer. Als ich den Polizisten zur Tür begleitete, kamen mir die Tränen.
An der Tür drehte er sich noch einmal zu mir: „Es tut mir wirklich leid, dass wir uns erst jetzt bei ihnen gemeldet haben." Sein Mitgefühl nahm ich ihn ab, ...