1. Polyamorie 01


    Datum: 01.05.2019, Kategorien: Romane und Kurzromane, Autor: byBlackHatNCat

    ... ihre Plicht an, Alex Arbeitgeber zu informieren. Sie kannte den Chef persönlich, darum war das Telefonat für sie ein besonders bewegender Moment. Lisa und ich waren an ihrer Seite. Wir stützen sie, als sie fast zusammenbrach. Lena wurde da bewusst, was sie verloren hatte.
    
    Zusammen mussten wir drei uns immer wieder sagen, dass der Tod unserer Lieben keine Strafe für unsere eigene Geilheit und sexuellen Ausschweifungen war. Obwohl der Gedanke jedem von uns kam, schliefen wir weiterhin zu dritt zusammen. Wir lagen eng beieinander, gaben uns aber höchstens einen kleinen Kuss, zum Trost. Sexuell spielte sich nichts mehr zwischen uns ab.
    
    Lisa ging bis zur Beisetzung, die zehn Tagen später geplant war, nicht in die Schule. Da alle drei bereits fast vollständig verbrannt waren, beschlossen wir, sie einäschern zu lassen. Das routinierte Bestattungsunternehmen half uns sehr. Wir brauchten fast nichts selber organisieren.
    
    Gelegentlich gab es Nachfragen per Telefon. Zweimal besuchte uns ein Assistent des Bestatters zu Hause, um Muster zu zeigen. Kränze, Urnen oder so was. Wir ließen alles einfach über uns ergehen. Das war nicht wichtig. Die Menschen, die uns wichtig waren, waren nicht mehr am Leben. Wir vermissten sie und sahen in allem ihre Präsenz. Sonjas Kleidung im Schrank, ihr Parfüm auf der Ablage im Badezimmer. Am schlimmsten waren die unbewussten Momente. Die, in denen man vergaß, dass sie nicht mehr da waren. Wenn man sie in einem anderen Raum wähnte oder ihnen ...
    ... etwas zeigen oder sagen wollte, bis es einem plötzlich wieder einfiel.
    
    So fand ich Lisa weinend auf dem Boden im Schlafzimmer, als sie Sonjas lange vermisste Sonnenbrille wiedergefunden hatte. Sie lief laut nach ihr rufend die Treppe hinunter und wollte sie ihr zeigen. Doch im nächsten Moment erstarb ihre Freude und ein markerschütternder Schrei gelte durchs Haus. Lena und ich liefen sofort zu ihr, doch trösten konnten wir sie zunächst nicht.
    
    Seitdem lief Lisa selber ständig mit der dunklen Brille herum, auch im Haus.
    
    Nach der Beisetzung, auf einem Friedhof in der Nähe, wollten Lena und ich nach Nürnberg fahren, um ihre Sachen aus der alten Wohnung zu holen und den Haushalt aufzulösen. Die Nachbarn kümmerten sich solange um die Post. Sie sollten uns bei Bedarf informieren.
    
    Wie selbstverständlich trugen wir in der Trauerphase dunkle Kleidung. Lena teilte sich die schwarze Kleidung mit Lisa oder ich kaufte ihr auch gleich welche mit, wenn ihre Cousine etwas Neues brauchte. Lena stand Schwarz. Sie sah nach wie vor toll darin aus. Lediglich der kleine rote Farbtupfer von vorher fehlte.
    
    Bei Lisa bewirkte der Tod ihrer Mutter eine auffällige Veränderung. Sie zog sich tagsüber meist mit Lena in ihr Zimmer zurück und wirkte sehr nachdenklich. Selten sagte sie etwas und wenn, dann waren ihre Sätze kurz und voller Sarkasmus. Darüber hinaus schnitt sie sich die langen Haare schulterlang ab und färbte die Spitzen schwarz ein.
    
    Für Lena richtete ich das Gästezimmer her. In ...
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