1. Disco, Disco


    Datum: 19.05.2019, Kategorien: Schwule Autor: byforzkanon

    ... farbenfrohes Make-up einem Gemälde von Franz Marc zur Ehre gereicht hätte. Das Objekt ihrer Begierde, der junge Schwarze, ignorierte ihre anhängliche Tour gelangweilt, und auf gewisse Weise erschien sie mir genauso verloren wie ich.
    
    Der andere, ein wahrer Hüne, packte seine großen weißen Zähne in ein breites Grinsen:
    
    „Hi, I'm John!" -- „Daniel", erwiderte ich verdutzt.
    
    „For the first time here, Daniel?" Eher eine Feststellung als eine Frage. Als wüsste er um meinen Frust. Ich nickte. Er deutete auf das leere Glas vor mir und signalisierte der Bedienung die entsprechende Bestellung. Das Mädchen stellte mir das Getränk hin und schenkte John, statt zu kassieren, ein artiges Lächeln.
    
    Unsicher nickte ich ihm zu und nahm höflich einen Schluck. Zu meiner Überraschung bezogen John und sein Kumpel mich in ihre Unterhaltung mit ein. Vor allem der joviale Goliath fragte mich ausgiebig über Schule, Sport und Musikvorlieben aus. Von seinem Slang drang zwar höchstens die Hälfte verständlich durch das allgemeine Gewummer an meine Ohren, aber ich war heilfroh, hier nicht länger wie das fünfte Rad am Wagen rumzuhängen.
    
    Johns einnehmendes Grinsen überredete mich zu Campari Nummer drei und vier. Seine Pranke auf meinem Oberschenkel empfand ich als rein freundschaftliche Geste. Johns Barry-White-Stimme hatte ohnehin etwas Suggestives und vermittelte mir eine Art Geborgenheit. Ständig grüßten ihn andere Gäste, weshalb ich mir in seiner Gesellschaft seltsam privilegiert vorkam. Als ...
    ... dann seine Hand zwischen meine Beine streunte und eine kräftige Beule in meinen Schritt knetete, wollte mein -- im wahrsten Sinne des Wortes -- längst abgesoffenes Urteilsvermögen darin eher eine eigenwillige, schmeichelhafte Kumpanei erkennen.
    
    *
    
    Durch den Alkohol und die Erleichterung über Johns Gesellschaft war mein Realitätssinn allerdings weit mehr über den Jordan, als ich ahnte.
    
    Denn irgendwann stand John auf und zog mich aus der Bank. Mit den Worten:
    
    „Come on girl!"
    
    Das jähe Aufstehen verpasste mir endgültig ordentlich Schlagseite. Sagte er tatsächlich Girl?
    
    John legte den Arm um meine Schultern. Ich fragte nicht mal, wohin es gehen sollte, und torkelte mit ihm. Unterwegs sah ich, wie sich in einer Ecke zwei deutlich überpigmentierte Typen in Yvonnes strahlendem Lächeln sonnten.
    
    Auf dem Herren-WC dachte ich anfänglich, es ginge tatsächlich nur darum, die Blasen zu entrümpeln, doch nachdem wir der Pissrinne geopfert hatten, schleuste John mich in eine der Kabinen.
    
    Befremdet stand ich, ein wenig schwankend, zwischen John und dem Klosett, in dessen randhohem, gelblichem Wasser Toilettenpapier schwamm. John verriegelte die Tür. In dem Kabuff wirkte seine Statur noch imposanter. Als fülle er die ganze Zelle aus. Seine riesige Hand kämmte durch mein Haar. Er musterte mich ruhig. Seine Fingerkuppen glitten von meinen Locken zu meiner Wange und strichen besorgniserregend sanft über meine Lippen. Mein nervöser Blick klammerte sich an Johns Lächeln, aber ...
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