London Calling 01
Datum: 30.05.2019,
Kategorien:
Erotische Verbindungen,
Autor: byplusquamperfekt
... mit langen blonden Dreadlocks, die mir Bob gleich als Sabine vorstellte. Eine Deutsche. Aha.
Wir lauschten der recht chaotischen Musik, die erst besser wurde, als Sid, eine fast leere Flasche Whisky im Arm, dazu stieß, zum Piano torkelte und ihm bereitwillig Platz gemacht wurde. Bob hatte ihn mir als ein Genie vorgestellt. Er hatte nicht übertrieben. Sid war einer der ungewöhnlichsten und begnadetsten Jazz-Pianisten, die mir je begegnet sind. Er bearbeitete das Klavier, wie andere Leute Bongos, in erregenden, dissonanten Melodien vornehmlich aus eigener Komposition, aber er hatte auch überhaupt keine Probleme mit den Stücken anderer Meister, von Satie bis zu den Werken irgendwelcher Jazz-Größen, von denen ich zwar gehört hatte, aber die ich nicht hätte identifizieren können.
Die Blonde unterbrach mein andächtiges Lauschen.
„Du bist der Deutsche, der hier wohnt, nicht wahr?"
„Ja, seit gestern aber erst. Sabine, richtig?"
„Genau. Das Haus ist doch wohl völlig geil. So ein Squat habe ich gesucht. Genau so etwas."
Als Squat bezeichnet man in England besetzte Häuser. Dies aber war kein solches.
„Das ist aber kein Squat. Bob meinte, es sieht vielleicht wie eins aus, und klingt nachts auch so, aber es ist sein Haus."
„Echt? Das hätte ich nun nicht gedacht. Der arbeitet doch gar nicht, oder? Wo kriegt der denn das Geld her?"
Eine Frage, die ich ihr auch nicht beantworten konnte. So gut kannte ich ihn schließlich auch noch nicht. Erst später erfuhr ich, ...
... dass es nicht wirklich ihm gehörte, sondern dass seine Eltern es für ihn und seinen Bruder gemietet hatten. Er lebte von den Mieteinahmen von seinen Untermietern. Ich zuckte mit den Schultern.
„Und was machst du hier? Urlaub?" drehte ich den Spieß mit der Fragestunde um.
„Ja und nein. Ich bin schon sechs Wochen hier, und ich will hierbleiben. Ich arbeite seit zwei Wochen auch als Friseuse hier in Camden. Ich muss aber aus dem Haus, wo ich gerade bin, raus. Kannst du denn nicht mal mit ihm reden, ob ich hierbleiben kann?"
„Nee. Ich bin hier schließlich auch nur Gast. Soweit ich weiß, sind hier auch keine Zimmer mehr frei. Da musst du ihn schon selbst fragen."
Sie seufzte.
„Hab ich schon. Er sagt, ich könne nur so lange hierbleiben, wie das einen Nutzen für einen der hier residierenden Männer hätte. Ist der echt so drauf? So voll Chauvi?"
Erneut konnte ich nur mit den Schultern zucken. So sicher war ich mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Sie schien ein wenig hilflos. Ich spendierte ihr eine Zigarette, in der Hoffnung, dass sie nun genug von dem Gespräch mit mir hatte. Sie setzte nach.
„Okay, dann frag ich dich eben. Kann ich heute Nacht bei dir pennen?"
Ich sah sie überrascht an. Damit hatte ich ja nun gar nicht gerechnet. Aber eine Notlage von ihr auszunutzen, ging mir völlig gegen den Strich. Mein Typ war sie auch nicht unbedingt.
„Ich hab nur ein winziges Zimmer mit einer schmalen Matratze. Ich glaube nicht, dass das so eine gute Idee wäre. Und ...