1. Die verlorene Tochter


    Datum: 17.06.2019, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie Autor: byswriter

    ... eindringlichen Blick stand. Eran wendete sich schließlich ab.
    
    „Du stinkst. Hat man dir erlaubt, dich zu waschen und zu erleichtern?"
    
    „Glaubst du etwa, dass einer deiner Barbaren auch nur einen Gedanken daran verschwendet hat?"
    
    Rania dachte nach. Sie war kein Unmensch. Auch wenn ihr der Prinz alles andere als sympathisch war, mussten sie zivilisiert mit ihm umgehen. „Ich werde dir beweisen, dass wir kein Haufen verlotterter Wilder sind. Wir behandeln Gefangene respektvoll und tun ihnen kein Leid an. Was man von euren Kerkermeistern nicht sagen kann."
    
    Sie entfernte sich und kehrte mit Pfeil und Bogen zu dem Gefangenen zurück. „Ich werde dich losschneiden. Anschließend bringe ich dich zu einer Quelle, an der du dich erfrischen kannst. Du riechst wie ein totes Tier und verpestest die Luft hier im Lager."
    
    Er sah sie verwundert an.
    
    „Du glaubst bestimmt, dass du mich ohne Weiteres überwältigen und fliehen kannst."
    
    Er zeigte keine Reaktion.
    
    „Davon würde ich dir abraten. Ich kenne keinen, der schneller und genauer mit dem Bogen ist. Ehe du auch nur einen Schritt auf mich zu gemacht hast, steckt ein Pfeil in deinem Hals. Und wage nicht davonzulaufen ... Ich treffe jedes Reh im Abstand von Hundert Fuß. Ob es rennt oder nicht."
    
    Der Prinz überlegte und nickte schließlich. Rania zog ein Messer aus einer Scheide an ihrem Gürtel und schnitt das Seil durch, das den Mann am Baum festhielt. Eran zuckte vor und versuchte sich zu befreien. Rania hatte blitzschnell ...
    ... ihren Bogen gehoben und zielte auf sein Gesicht. Erst jetzt erkannte der Prinz, dass seine Hände zusätzlich gefesselt waren.
    
    „Hältst du mich wirklich für so einfältig?"
    
    Eran erwiderte nichts.
    
    „Und jetzt geh. Aber ganz langsam. Siehst du den umgeknickten Baumstamm ...? Dort links vorbei. Und denke an meine Warnung."
    
    Er ging langsamen Schrittes voran. Die Anführerin der Räuber zielte auf ihn. Bereit, ihm den schellen Tod durch den Pfeil zu bereiten, sollte er zu fliehen versuchen. Die Dämmerung hatte eingesetzt. Die Dunkelheit legte sich über den Wald und der Prinz stolperte immer wieder über Wurzeln am Boden oder lief gegen hervorstehende Äste. Rania kannte den Weg wie ihre Westentasche und bewegte sich wie ein erfahrenes Raubtier in der Nacht. Hinter sich hörte sie die Geräusche des Sauf- und Sexgelages. Wahrscheinlich würde keiner ihrer Männer bemerken, dass der Prinz nicht mehr an seinem Baum stand. Nach einer Weile hörten sie das Rauschen eines Wasserfalls.
    
    „Wir sind gleich da. Jetzt nach rechts."
    
    Sie erreichten eine Lichtung, in deren Mitte ein See lag. Er maß gut und gerne zwanzig Schritte in jede Richtung. Der Wasserfall fiel von einer Felswand herab. Weiter unten floss das Wasser in einem kleinen Bach ab.
    
    An diesem Ort erledigten sie und die Männer ihre Morgentoilette. Rania stellte sich liebend gerne unter das herabfallende Wasser. Es weckte ihre Lebensgeister und erfrischte sie. Sie war meistens die Erste, die auf den Beinen war. So hatte sie die ...
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