Ein Leben in Bedrangnis 08
Datum: 25.06.2019,
Kategorien:
Romane und Kurzromane,
Autor: byachterlaub
... näherte, das wusste ich genau, würde sie mich in ihren Bann ziehen und mir vor allem jene Freiheit rauben, die mir inzwischen so lieb geworden war. Ich musste also einen Weg finden, ihr zu helfen und gleichzeitig die nötige Distanz zu wahren.
Ich achtete sie durchaus in bestimmten Situationen als meine Gebieterin, aber nicht als die Herrin meines Lebens. Wir mussten eine ganz neue Basis finden, wenn die Trennung allen Schmerzen zum Trotz nicht endgültig sein sollte. Mit solchen Gedanken verbrachte ich den Rest des Tages an frischer herrlicher Sommerluft.
Ich war so versunken in meine Überlegungen, dass ich gar nicht bemerkte, wie mich die Sonne allmählich verbrannte. Auch die vielen jungen Mädchen in der Umgebung meines Sitzplatzes im Schwimmbad nahm ich nicht mehr wahr. Als ich endlich gegen Abend und mit gerötetem Oberkörper und angebrannten Armen und Beinen das Bad verließ, hatte ich einen Entschluss gefasst: Ich werde Nadine ebenfalls mit einem Brief antworten. Es wird schwer sein, den richtigen Ton zu treffen. So setzte ich mich das Wochenende über hin und begann zu formulieren. Nach vier oder fünf Entwürfen stand die Antwort. Es waren wohl gesetzte Worte.
Liebe Nadine,
voller Betrübnis musste ich durch deinen Brief erfahren, dass es dir zur Zeit schlecht gut. Ich hoffe inständig, dass du bald wieder auf die Beine kommst und deine dir gesetzten Ziele erreichen kannst. Du wirst Verständnis dafür haben, dass ich dir meine aktuelle Anschrift nicht nenne. Da ...
... war zu viel Negatives zwischen uns. Aber du kannst mich schriftlich jederzeit unter meinem Postschließfach erreichen. Die genaue Bezeichnung steht auf dem Umschlag. Eigentlich hatte ich es schon längst aufgeben wollen, habe aber die Kündigungsfrist verschlafen.
Diese Sätze sind mir nicht gerade leicht gefallen. In meinem Innersten drängte es mich, sogleich Nadine aufzusuchen, ihr mein Mitleid zu bekunden und ihr jegliche Unterstützung zuzusagen. Aber mein Verstand sagte mir, dass ich mich in große Gefahr begeben würde, zumal Nadine auch psychisch nicht voll auf der Höhe ist.
Andererseits hätte ich es nie verwunden, sie vollkommen mit ihrem Leid allein zu lassen. Wir waren schließlich über eine ganze Zeit verbunden. Die innerliche Bindung war trotz alledem nie abgebrochen. Deshalb hatte ich auch das Bedürfnis, einiges aus meinem Leben mitzuteilen.
Über mein Leben kann ich nicht klagen. Ich habe eine neue Arbeitsstelle gefunden, die mich wochentags voll ausfüllt. Meine sportlichen Aktivitäten führe ich fort. Langeweile kenne ich nicht. Denn auch im sonstigen privaten Leben läuft alles Bestens.
Das war natürlich gelogen. Seit der Trennung von den beiden Frauen hatte ich keine längerfristige Beziehung mehr. Da gab es hin und wieder eine Frau fürs Bett, nie etwas festes. Ich vermisste unentwegt die Gespräche, die gemeinsamen Aktivitäten im kulturellen Bereich. Eigentlich hätte ich in diesem Absatz meinen gegenwärtigen Zustand jämmerlich beklagen müssen. Denn Langeweile ...