Spieglein, Spieglein ...
Datum: 25.08.2019,
Kategorien:
Sonstige,
Autor: Aldebaran66
... den Worten der Menschen gelauscht, ohne ein Wort zu verlieren. Warum auch. Mir hatte das Zuhören bis jetzt vollkommen gereicht.
Fast wagte ich es nicht, mein Herz klopfte wie wahnsinnig, als ich überlegte, was ich sagen sollte. Ich konnte doch nicht einfach drauf losquatschen.
Klara und Marie standen noch einen Moment vor dem Spiegel und ich wusste, dass sie sich immer von mir oder besser gesagt dem Spiegel verabschiedeten, wenn sie sich zurückzogen. Sie hatten es zumindest bis jetzt immer gemacht.
Genauso war es einen Tag später, jedoch war nur Klara anwesend.
Dieses Mal war es nicht anders als sonst. Klara legte ihren Kopf etwas schräg zur Seite und meinte zum Schluss mehr aus Spaß: "Ich wünsche euch noch einen schönen Tag Spiegel!"
Dann drehte sie sich um und wollte gerade gehen, als ich es nicht mehr unterbinden konnte.
"Ich wünsche dir auch einen wunderschönen Tag Klara!", rutschte mir heraus, und da ich nicht sonderlich leise gesprochen hatte, erschrak ich mich fast vor mir selber.
Auf einmal blieb sie wie versteinert stehen und drehte langsam ihren Kopf in meine Richtung. Ihre fast schwarzen Augen fixierten mich, obwohl sie mich nicht sehen konnte und sie legte ihren Kopf wieder etwas schief.
"Bitte?", kam flüsternd aus ihrem Mund und die zuvor immer gezeigte Selbstsicherheit war fast verschwunden. "Was habt ihr gesagt?"
Ich grinste in mich hinein. Sie konnte mich also hören und in mir fuhren meine Gedanken Karussell. Innerhalb von ...
... Sekunden schossen mir die vielen Möglichkeiten durch den Kopf, die sich mir hiermit eröffneten.
Mit einem Lächeln auf den Lippen und so ruhig wie möglich antwortete ich ihr: "Ich wünschte dir auch einen wunderschönen Tag. Es wäre unfreundlich von mir nicht zu antworten, wenn mir etwas so Schönes gewünscht wird!"
Klara trat wieder direkt vor den Spiegel und besah sich die gesamte Glasoberfläche. Dann legte sie sogar ihre Hand dagegen und hielt sie so, als wenn sie in die Sonne sah. Ihr Kopf kam näher und sie versuchte aus nächster Nähe, etwas zu erkennen. Doch so wie es aussah, ging dies nicht. Ihre Augen konnten nichts fixieren.
Sofort zog sie ihren Kopf wieder zurück und zu meinem Erstaunen, sah ich den Abdruck ihrer Finger an der Scheibe.
Man konnte genau sehen, dass sie noch sehr verwirrt war. Anders wäre es mir aber auch nicht gegangen. Immerhin sprach gerade ein Alltagsgegenstand mit ihr.
Doch langsam fasste sie sich wieder und ihre vorige Sicherheit kam zurück.
"Seid ihr der Mann im Spiegel, den Marie gesehen hat?"
Hatte Klara zuvor noch ein leichtes Zittern in der Stimme gehabt, war dies jetzt wieder verschwunden.
Ich wollte gerade antworten, als hinter mir einer der Klebestreifen versagte, der die Alufolien am Fenster festhielt. Ein breiter Lichtstrahl trat sofort herein und das Bild vor mir verblasste sofort. Doch nicht nur das Bild. Ich sagte noch etwas, bekam aber keine Antwort mehr. Daher ging ich davon aus, dass auch keine Kommunikation mehr ...