1. Vanessas wichtiger Termin (Laura und Vanessa II)


    Datum: 27.04.2018, Kategorien: Schamsituation Autor: Anonym

    ... brennt. Und wie ich Frau Kramer in ein Gespräch verwickeln konnte, und wie sie auf meine Fragen reagiert, gibt mir den Mut, meine Frage zu stellen.
    
    "Sind die Eltern dann bei der Untersuchung - dabei?"
    
    "Nein", schüttelt Frau Kramer entschieden den Kopf, "nein, auf keinen Fall. Es sei denn, die Patientin selbst möchte das ausdrücklich so. Manche fühlt sich doch wohler, wenn sie bei der Untersuchung nicht allein mit mir ist.
    
    Frau Kramer scheint kurz zu überlegen, ehe sie fortfährt: "Ehrlich gesagt war ich etwas überrascht, als Sie mir im Vorgespräch erzählten, eine Freundin hätte Sie auf diese Untersuchung gebracht, und Ihnen auch mich empfohlen."
    
    "Warum?", frage ich ehrlich ratlos.
    
    "Weil Sie allein hier sind. Unter diesen Umständen hätte ich gedacht, Sie würden Ihre Freundin vielleicht gern zur seelischen Unterstützung mitbringen." Frau Kramer legt eine weitere kurze Pause ein. "Oder es hätte natürlich auch die Möglichkeit bestanden, zwei Termine direkt hintereinander zu vereinbaren. Dann hätte Sie bei der Untersuchung Ihrer Freundin dabei sein, und schon mal schauen können, was Sie erwartet."
    
    Bei dem von Frau Kramer arglos gezeichneten Bild einer innigen Mädchenfreundschaft bekomme ich einen Kloß im Hals. Wie gerne wäre ich Vanessa so nah, wie Frau Kramer es glaubt, wahrscheinlich ohne mit Sicherheit zu wissen, von wem ich rede. Sie geht wie selbstverständlich davon aus, dass wir einander nackt kennen, und die jeweils nächste Bezugsperson für die andere ...
    ... sind, auch in intimsten Situationen.
    
    In Wahrheit ist Vanessa aber eigentlich nur meine Schulkameradin, eines von fast fünfzig Mädchen in meiner Jahrgangsstufe, und meine Nachhilfelehrerin.
    
    Doch schon die bloße Illusion, die Rolle, in die ich Frau Kramer gegenüber plötzlich geschlüpft bin, ist für mich so schön, dass ich diese Blase jetzt nicht zum Platzen bringen will. Ich muss also ein wenig flunkern, um die Situation aufzulösen.
    
    "Eigentlich wollte ich zusammen mit ihr herkommen", schwindele ich, "aber das hat terminlich nicht gepasst. Wir machen ja schon nächstes Jahr um diese Zeit Abitur, und so."
    
    Frau Kramer nickt lächelnd und verständnisvoll.
    
    "Also, fahre ich hastig fort, "habe ich Vanessa -", ich realisiere zu spät, dass mir ihr Name herausgerutscht ist, so gerne habe ich hier ihre engste Vertraute gegegeben, aber das ist ja eigentlich auch egal, denn Frau Kramer kann sie, wegen der Schweigepflicht, sowieso nicht auf mich ansprechen, und setze meinen Satz darum nahtlos fort, "auch gar nicht befragt, was hier denn passiert."
    
    Ich schaffe es, ein Kichern hervorzubringen. "Sonst hätte ich mich vielleicht doch nicht getraut."
    
    Meine Worte scheinen Frau Kramer ehrlich zu bewegen. "Um so mehr bin ich von Ihnen beeindruckt, dass Sie gekommen sind. Und, das meinte ich, als ich Sie gerade 'bemerkenswert' genannt habe, dass Sie jetzt auch von Ihrem Recht Gebrauch machen, mich zu fragen, was ich noch mit Ihnen vorhabe. So selbstbestimmt und kritisch sind nicht viele ...
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