1. Schulzeit 07


    Datum: 02.10.2019, Kategorien: Nicht festgelegt, Autor: bys_napples

    Mein Großvater hat mir ein Pulver vermacht. Kurz bevor er an einem Weihnachtstag starb, gab er mir eine kleine Schachtel in die Hand, schaute mich verschwörerisch an und flüsterte mir ins Ohr: „Wenn du das Pulver in einer winzigen Menge erhitzt, wird es mit einem Blitz explodieren und alle, die in den Blitz schauen, werden das, was du zu ihnen sagst, als tolle Idee bezeichnen und tun." Er hustete kurz und flüsterte dann noch: „Solange du es willst."
    
    Dann lehnte er sich zurück in sein Kissen und starb mit einem Lächeln im Gesicht. Ich weinte und schaute das kleine Kästchen an.
    
    Dies ist Teil 7.
    
    Einen Monat vor den Sommerferien brach sich unsere Mathematiklehrerin Frau Heinze den Arm und wir bekamen eine Vertretung der dritten Art. Sabine Mertel, 25, Seiteneinsteigerin, Dozentin für Mathematik an der Uni und nur wenige Jahre älter als wir, stellte sich vor die Klasse und alle waren baff. Ihre langen blonden Haare trug sie offen, ein Pony ging ihr bis zu den Augenbrauen und ihr Mund war so breit wie der von Julia Roberts, wenn die noch jemand kennt. Aber im Gegensatz zu der Roberts war die Mertel unter der Achsel rasiert. Unter ihrer Bluse, die an den Armen leicht durchscheinend war, konnte ich tätowierte Rosen erkennen, die sich über ihre Schultern und Oberarme schlängelten.
    
    Sie begann umgehend mit dem Unterricht und wir schwitzten nicht schlecht, als sie uns Formeln an die Tafel klatschte, die wir so noch nicht gesehen hatten. Sie orientierte sich nur vage am ...
    ... Lehrbuch und unsere Aufgabe bestand darin, die Tafel zu übertragen und gleichzeitig den Lösungsweg zu verstehen und wer nicht mitschrieb, konnte den Stoff nicht im Buch nachverfolgen, da er so nicht aufbereitet wurde. Die Mertel war erst vor zwei Jahren aus Ungarn nach Deutschland gekommen und sprach recht rudimentär Deutsch. Sie war eine sogenannte Donauschwäbin, die im Süden Ungarns vor vielen Jahren siedelten und immer noch Bruchstücke Deutsch von Generation zu Generation weitergaben.
    
    "Wer also möchte wissen, wie der Formel zusammensetzt, möchte nach der Stunde kommen zu mir zur Erklärung", meinte sie und alle waren erschöpft, als es zur Pause klingelte und packten rasch ihre Sachen zusammen, um schnell zu verschwinden. Ich blieb sitzen und ging dann langsam nach vorn, als der Raum schon leer war. Die Mertel schaute mich an. "Du bist der ...?" fragte sie mich. "Alexander Weinert", antwortete ich und sie schaute auf einer Liste nach und machte eine Notiz bei meinem Namen. "Ist das jetzt gut oder schlecht, wenn ich mich bei Ihnen melde?" fragte ich und sie lächelte. "Nein, das ist kein Problem, ich schaue nur, wer Interesse hat und wer nicht und daraus bilde ich dann einen Teil der Benotung", erklärte sie mir mit einem astreinen Deutsch.
    
    Ich staunte und schaute sie auch so an. "Alles eine Frage der Präsentation", meinte sie und lachte. "Wenn ich so abgehackt spreche, steckt mich der Großteil der Klasse in die Schublade: Trottel. So kann ich sie besser beobachten, weil sie ...
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