In der Nähe so fern
Datum: 23.10.2019,
Kategorien:
Verschiedene Rassen
Autor: byAuden James
... umarmt, und die Tür war in ihrem Rücken gerade ins Schloss gefallen.
Aiko ging ein paar Schritte, ehe sie die Tür sich wieder öffnen hörte. Sie drehte sich um und erwartete mehr oder weniger, Hannah zu sehen, aber sah stattdessen Paul die Stufen herunter- und auf sie zueilen. Er trug noch immer seine alten Sachen, aber war barfuß.
»Hey, ähm …«, atmete er durch, ein paar Fuß von ihr entfernt stehenbleibend. »Bist du, ähm …«
Aiko hob eine Augenbraue, ein leises Lächeln formte sich auf ihren Lippen. Er kratzte sich im Nacken, um einen nicht vorhandenen Juckreiz zu stillen.
»Omar gibt, ähm, eine Hausparty heute Abend.«
»Omar?«
»Oh, äh! Er ist ein guter Freund – aus der Mannschaft.«
Sie konnte sich nicht helfen, aber der plötzliche Wandel in seinem Auftreten amüsierte sie ein wenig. War das der
normale
Paul? Aiko griente. Trotzdem, sie fand sich nicht bereit, auf einer Highschool-Party gesehen zu werden. Das war zu schräg.
»Ich muss zum Abendessen zu Hause sein, leider. Vielleicht sehen wir uns nochmal, bevor ich abfahre?«
»Ah – also.« Er griff in die Taschen seiner kurzen Sporthose und nestelte ein Mobiltelephon heraus. »Vielleicht sollte ich dir meine Nummer dalassen, und du kannst anrufen, falls du's dir anders überlegst? Ich meine – falls es zeitlich geht …«
»Ich habe mein Telephon nicht dabei, aber du kannst mich anrufen und dann habe ich ja deine Nummer.«
»Joa, okay«, sagte er, sein Telephon auf der Stelle aufklappend. Aiko gab ihm ...
... ihre Nummer und studierte indes sein Gesicht. Der dunkle Teil ihres Verstands gab ihr die Frage ein, ob er diesen Moment wohl kurz zuvor geprobt hatte.
»Cool.« Paul steckte das Telephon in eine Hosentasche und tat einen halben Sprung zurück zur Beischlagtreppe, als wäre er erleichtert, das Schlimmste überstanden zu haben. »Bis später dann.«
»Tschau«, sagte sie und beobachtete ihn, wie er die Treppenstufen hochjoggte und hinter die Eingangstür in Sicherheit hastete.
*
Das große Steak lag ihr noch schwer im Magen. Aiko begab sich bedachtsam die Vortreppe ihres Hauses hinunter, ihre analoge 35mm-Canon um den Hals gehängt. Um elf Uhr abends war die Sonne längst unter den Horizont gekrochen. Der Nachthimmel der Stadt aber wurde von beständigen Wogen in veilchenviolettes und nelkenrosa Licht getaucht. Aiko bog leise um die Ecke, ihre Atmung und Schritte gleichmäßig und ruhig.
An der Straßenecke ragte ein Apartmentgebäude fünf Stockwerke in die Höhe. Sie erspähte ein verwaistes, erleuchtetes Fenster im zweiten Obergeschoss. Wie sie sah, dass weder aus der einen noch der anderen Richtung Passanten herannahten, justierte Aiko die Filmempfindlichkeit und Verschlusszeit, dann richtete sie die Kamera auf das kleine Quadrat aus gelbem Licht. Sie sog scharf die Luft ein und erstarrte, als ihr Finger den Auslöser traf. Die Kamera klickte sacht. Kurz darauf klickte sie ein zweites Mal, und Aiko atmete tief aus, die Kamera senkend, als sie das Atmen wiederaufnahm. Aus ihrem ...