In der Nähe so fern
Datum: 23.10.2019,
Kategorien:
Verschiedene Rassen
Autor: byAuden James
... durchflutet vom schönen Sonnenlicht des Nachmittags. Aiko zog einen nackten Fuß aus einer Sandale und schob ihn auf dem Teppich in ein warmes Fenster aus Licht.
»Hey, wo ist eigentlich dein Bruder?«, fragte sie.
Hannah wandte sich vom offenen Kühlschrank ab, um nach der Uhr zu spähen. »Er wird seine Rettungsschwimmerpflicht beim YMCA tun, denke ich.«
»Rettungsschwimmer? Ist er überhaupt alt genug?«
»Er hat sich förmlich drauf gestürzt, gleich nach seinem Achtzehnten im März. Er sagt, dass es der ›angenehmste‹ Job der Welt ist.«
»Das glaube ich.«
»Warum, willst du zu ihm gehen?« Hannah griente hinter einer frostigen Coladose zu Aiko. Aiko starrte sie ausdruckslos an.
»Du solltest zu ihm gehen«, sagte sie und nahm einen großzügigen Schluck von der süßen Brause. »Es würde ihn bestimmt richtig glücklich machen. Die Leute vom Empfangsdienst werden dich reinlassen, wenn du nach ihm fragst.«
»Tue ich vielleicht später.« Aiko stand auf und streckte ihre Arme und ihren Rücken.
Nichts dabei, sich auf einen kleinen Flirt einzulassen.
»Ich würde ja kommen, aber meine Kurse beginnen in einer Stunde und enden nicht vor zehn«, stöhnte Hannah.
»Brutal.«
»Japp, du sagst es.«
Aiko gähnte und blickte sich träge um. »Hey, kann ich das Bad benutzen?«
*
Sie trocknete ihre Hände an dem kleinen Handtuch. Auf dem Weg zurück zur Treppe sah sie durch einen Türspalt in einen Raum, der Pauls Zimmer sein musste. Stille Neugierde schwemmte alle anderen Gedanken ...
... aus ihrem Kopf, als sie darauf zuschlich und die Tür gerade weit genug aufdrückte, um mit ihrem Körper hindurchzuschlüpfen.
Die Matratze seines ungemachten Bettes lag unmittelbar auf dem Boden, flankiert von niedrigen Stapeln aus Kleidungsstücken, Turnschuhen, Büchern, Videospielhüllen und DVDs. Außer einer hohen Kommode und einem nahezu leeren Schreibtisch gab es kein weiteres Mobiliar. Aiko bemerkte einen alten schwarzen Laptop auf dem Schreibtisch, aufgeklappt an die Wand gelehnt. Das Scharnier schien zerbrochen und entzweigegangen zu sein.
Abgesehen von seinen Habseligkeiten und dem Bett schien der Raum im Grunde unberührt, als ob er dort nur vorübergehend wohnen würde. Sie drehte sich um und sah die Rückseite von Pauls Tür, die dicht beklebt war mit Photographien von Freunden und Familie. Sie formten einen vielfarbigen Ozean aus Gesichtern, der einem Strudel gleich um eine großflächige, blaue Weltkarte wirbelte. In der oberen rechten Ecke, bemerkte sie, war eine alte Aufnahme befestigt, die sie selbst zeigte, im Rahmen von Hannahs Eingangstür und der Kamera schüchtern den Rücken weisend.
*
Sie sah Paul durch das Glas, das die Schwimmterrasse vom Flur auf der unteren Ebene des YMCA-Gebäudes trennte. Er schien entspannt in einem Hochstuhl zu sitzen, gekleidet in ein orangenes Muskelhemd und rote Badehosen. Ab und zu schüttelte er seine Füße aus und tappte die Flip-Flops gegen seine Sohlen. Seine Hände ruhten auf einer langen roten Rettungsboje, die über seinen ...