1. Verhängnisvolle Umarmung


    Datum: 11.11.2019, Kategorien: Medien, Autor: Holzratte

    ... ging dann zielstrebig auf eine der dunkelsten und aus diesem Grund am wenigsten belegte Ecke zu, streifte sich die Kapuze vom Kopf unter der eine rötlich-braune Lockenflut zum Vorschein kam, ließ sich den Mantel von den Schultern gleiten und setzte sich an den noch fast lehren Tisch.
    
    „Ich muss euch dann mal alleine lassen“, sagte Gertrud zu Emil und seinen Freunden die sich sofort über den neuen Bierkrug hermachten, und lief zu dem Neuankömmling um die Bestellung aufzunehmen. „Was darf ich dir denn bringen, mein Kind“, sprach sie die ihr unbekannte Frau an, diesmal in einem komplett andern Tonfall als mit Emil und seinen Säufern die sie hier täglich sah – es sei denn der Winter hatte mal wieder das Dorf mit seinen Schneemassen unpassierbar gemacht. Doch als sie in das zierliche Gesicht der Neuen sah fing bei ihr der Geschäftstrieb an die Oberhand zu gewinnen. „Womit wirst du überhaupt bezahlen?“
    
    Vorsichtig griff die Unbekannte unter ihre Bluse, brachte einen Geldbeutel zum Vorschein, griff nach einem Kupferpfennig und reichte ihn Gertrud. „Für mich bring bitte nur etwas Wasser“, sprach sie mit einer so zarten Stimme dass es der Wirtin trotz der Wärme im Gastraum kalt den Rücken hinunter lief. Mit einem Nicken bestätigte sie die Bestellung, drehte sich um und rief ihr über die Schulter zu, dass es gleich komme. Die Frau war seltsam, doch ihre Stimmung wollte sich Gertrud sich von ihr nicht vermiesen lassen.
    
    Emil hatte Gertrud mit gierigen Blicken hinterher geschaut ...
    ... und damit auch einen Blick auf die Frau erhaschen können. Nun als er sie so ansah blieb ihm fast die Luft weg. Die Haarpracht ließ ihm für einen Augenblick alles um ihn herum vergessen, dazu der zurückhaltende Blick. Sein Blut begann zu kochen. Mit einem Kopfnicken lenkte er die Aufmerksamkeit seiner Freunde auf die Fremde in der Ecke. „Wer hat zuerst den Mut sie anzusprechen?“, fragte er übermütig in die Runde und musste schon wieder um seine Beherrschung kämpfen.
    
    „Du hast eindeutig schon wieder zu viel gesoffen, Emil“; schalt ihn Gertrud als sie mit einem kleinen Krug Wasser an ihm vorbei zu der Fremden lief. Dieser gab jedoch nur ein anzügliches Knurren von sich das ihm diesmal einen doch schon feindseligen Blick Gunthers nach sich zog. „Werd bloß nicht zu aufdringlich“, flüsterte Konrad Emil ins Ohr, der wohl noch am Nüchternste der gesamten Gesellschaft, „Sonst wirst du vielleicht Probleme mit Gunther bekommen.“
    
    „Dann schnapp ich mir halt die Kleine da“, antwortete dieser brüsk und zeigte mit dem Kopf in die dunkle Ecke und wie um seinen Worten Kraft zu verleihen und seine Herausforderung selbst in die Tat umzusetzen. Mit wackligen Beinen erhob er sich und schafte es mit Müh und Not auf gerader Spur sich den Weg zu der blonden Frau zu bahnen. Dort angelangt ließ er sich neben ihr plump auf die Bank fallen und schaute sie mit einem süffisanten Blick an. Wie auf einen Schlag schien er aus seinem Rausch zu erwachen. Die Existenz dieser Frau schien ihm wortwörtlich den ...
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