1. Enkeltrick


    Datum: 30.11.2019, Kategorien: Nicht festgelegt, Autor: byUtauss

    ... drückte auf Oma Zankers Tränendrüsen, bis sie sich bereiterklärte, mir finanziell auszuhelfen. Sie habe nicht viel gespart, aber etwa 20000,- sollten schon möglich sein. Mein Herz tat einen Freudensprung. Das war ja einfach!
    
    Wir verabredeten uns für den späten Nachmittag bei ihr zuhause. Sie hatte das Geld bei der Bank liegen, wir müßten das aber gemeinsam holen, weil sie mit so viel Geld nicht allein durch die Straßen laufen wollte. Tja, kein Problem, das mach ich doch gern! ;-)
    
    Das Haus war riesig, und bestimmt nicht billig. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß da bei 20000,- schon Schluß sein sollte. Die Alte hat doch mit Sicherheit mehr Kohle gebunkert, als ich bei all meinen bisherigen Kunden kriegen konnte!
    
    Oma Zanker war wohl irgendwas zwischen 60 und 70, keine Ahnung; mittelgroß, recht schlank, mit einem Gesicht, daß wohl mal sehr schön gewesen sein mußte, jetzt aber voller Falten war. Trotzdem war sie anscheinend in einer sehr guten körperlichen Verfassung für ihr Alter. Vielleicht trieb sie viel Sport? Manchmal machen alte Leute Gymnastik und solches Zeug.
    
    Sie empfing mich herzlich, umarmte mich immer wieder, und ich konnte sie sehr schnell in die Kategorie „merkwürdig, aber lieb und harmlos" einstufen.
    
    „Wir müssen uns leider noch eine Stunde gedulden, Ralf. Ich habe bei der Bank angerufen, aber sie brauchen eben noch etwas Zeit, um das Geld zu beschaffen." Eine Bank, die 20000,- Euro nicht sofort auszahlen konnte? Gibt es sowas? Ich hatte meine ...
    ... Zweifel, aber auch keinen Grund, ihr zu mißtrauen. Schließlich hielt sie mich für ihren Enkel, warum sollte sie mich anlügen? Nein, sie wollte mir gewiß nichts böses, im Gegenteil, sie hatte in der Zwischenzeit sogar einen Kuchen gebacken, und zwang mich geradezu, wenigstens ein Stück davon zu probieren.
    
    Es lief super. Wir setzten uns an den Tisch im Wohnzimmer, und aßen ihren Kuchen, tranken Kaffee, und unterhielten uns auf eine Art und Weise, als wäre ich wirklich ihr Enkel. Unglaublich, wie gut das lief!
    
    Nach ein paar Minuten jedoch schwand mein Hochgefühl, und machte einem gewissen Unwohlsein Platz. Mir war etwas übel, und ich hatte einen komischen Geschmack im Mund. Oma Zanker sah es mir wohl an: „Ralf, Kind, gehts Dir nicht gut? Magst Du Dich vielleicht ein bißchen hinlegen?"
    
    Sie sprang auf, recht behände für ihr Alter, packte mich recht unsanft am Arm, und half mir auf, um mich ins Schlafzimmer zu bringen. Naja, aufhelfen und bringen ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck, es war eher ein ziehen und zerren. Aber ich nahm die Hilfe dennoch gern an, denn mir ging es von Moment zu Moment immer schlechter. Ich war auf sowas nicht gefasst, wäre viel lieber einfach abgehauen, weil ich die Situation in dieser Verfassung nicht mehr unter Kontrolle hatte. Andererseits - was sollte schon sein? Für Oma Zanker war ich Enkel Ralf, ich sah keine Gefahr für mich, und solange nicht ihre echte Familie auftauchte war alles gut.
    
    Dankbar ließ ich es zu, daß sie mich auf das ...
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