1. Die Frau aus dem Waschsalon


    Datum: 18.12.2019, Kategorien: Betagt, Autor: byRobertCSeattle

    Ich nahm meine Wäsche aus dem Kofferraum meines Autos und ging in den Waschsalon. Der Salon war leer, ungewöhnlich für Freitag Mittag. Normalerweise sind zu dieser Zeit drei oder vier andere noch da. Ich lud die Waschmaschine voll, füllte Waschmittel und Weichspüler in die Waschmittelkammer und ging zum Automaten um zu bezahlen. Ich drückte gerade auf Start, als sich die Tür des Salons öffnete. Es war eine ältere Frau, ich schätzte sie auf Ende Vierzig, in einer schönen gelben Winterjacke und Jeans. Sie hatte schulterlanges rötlich-braunes Haar, war schlank und dezent geschminkt. Sie wirkte etwas ratlos und als sie mich ansprach und mir sagte, dass sie noch nie in einem Waschsalon gewaschen hatte und mich bat ihr zu zeigen wie das hier abläuft, bestätigte meine Vermutung. Ich war natürlich hilfsbereit und zeigte ihr, dass man zuerst die Wäsche einlädt, dann das Waschmittel hinzufügt und ein Waschprogramm auswählt. Ich zeigte ihr auch, wie der Bezahlautomat funktionierte.
    
    „Jetzt dauert die Maschine noch 45 Minuten? Ich wusste, ich hätte mir was zu lesen mitnehmen sollen." sagte sie. Ich guckte auf meine Maschine, welche anzeigte, dass es noch 53 Minuten bis zum Ende meines Programmes dauert. Daher sagte ich: „Meine Maschine dauert auch noch länger. Wenn Sie mögen, nebenan ist ein kleines Kaffee, ich würde sie einladen." „Na wenn ein junger netter Mann mich einlädt, bin ich dabei." sagte sie und lachte. Sie hatte ein wunderschönes Lachen. Der Ton war engelsgleich und ihr ...
    ... Wesen wirkte positiv und anmutig.
    
    Wir gingen also beide ins Kaffee und unterhielten uns. Wir waren uns von Anfang an sympathisch. Ich erzählte ihr, dass ich vor anderthalb Jahren nach dem Abi aus Hessen nach Hamburg gezogen war um eine Ausbildung zu machen, dass ich mich brennend für Eishockey interessierte und auch das ich mich kürzlich von meiner Freundin getrennt hatte. Sie erzählte mich, dass auch sie sich kürzlich getrennt hatte, sie seit 24 Jahren als Französisch- und Mathelehrerin arbeite und gab auch Preis, dass sie nicht Ende Vierzig war, sondern bereits 56 Jahre alt war, also ganze 37 Jahre älter als ich. Wir erzählten uns auch, warum wir im Waschsalon wuschen, ich weil es in meiner Wohnung keinen Platz für eine eigene Waschmaschine gab und sie, weil ihre Waschmaschine kaputt gegangen war. Wir unterhielten uns noch über Kunst, Politik und Wirtschaft. Wir waren bei allen drei Themen auf einer Wellenlänge. Nach eineinviertel Stunden, die wie im Fluge vergangen waren, bemerkte sie, dass die Wäsche bereits fertig war. Ich bezahlte also und ging mit ihr zurück in den Waschsalon. Dort packten wir die Wäsche in den Trockner und unterhielten uns noch eine weitere Viertelstunde. Am Ende meinte sie, dass sie sich gerne für den Kaffee revanchieren möchte und wir tauschten noch Nummern aus. Beim Einspeichern fiel mir etwas auf: „Wir haben unsere Namen ja noch gar nicht ausgetauscht. Ich bin Thomas." „Oh mein Gott, du hast Recht!", sagte sie und lachte dabei herzlich auf, was ...
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